Tagesschau online 30.01.07
Streit um
EU-Vorschriften für Klimaschutz
Merkel “mit aller Härte” gegen Abgaspläne
Bundeskanzlerin Angela Merkel will in Brüssel “mit aller
Härte” gegen
die neuen EU-Abgas-Grenzwerte vorgehen. Die Bundesregierung werde die
von der EU-Kommission vorgeschlagenen Pläne für eine
generelle
Verringerung des CO2-Ausstoßes auf 120 Gramm pro Kilometer
“verhindern”, sagte Merkel. Vielfalt sei “das Kennzeichen Europas”,
sagte Merkel. Auch Kleinwagen müssten bei der Reduktion der Abgase
technisch voranschreiten.
Merkel nannte es bedauerlich, dass die europäische
Automobilindustrie ihre Selbstverpflichtung nicht erfüllen werde,
bis
2008 die Kohlendioxid-Emissionen pro Kilometer auf 140 Gramm zu senken.
Daraus könne aber unmöglich eine generelle Verpflichtung
folgen, dass
alle Autos die gleichen Grenzwerte einhalten müssten.
Hersteller größerer Autos am meisten
betroffen
Arbeitgeberpräsident Dieter Hundt warnte, die
vorgeschlagenen
Maßnahmen der EU-Kommission würden Deutschland empfindlich
treffen und
Arbeitsplätze gefährden. “Hersteller mit einem hohen
Kleinwagenanteil
wären davon weit weniger betroffen als Produzenten
größerer Fahrzeuge”,
sagte Hundt. Besonders in diesem Segment sei die deutsche Industrie
aber Weltmarktführer.
Deutsche Umweltverbände appellierten dagegen an
die EU-Kommission
und die deutsche EU-Ratspräsidentschaft, der Automobilindustrie im
Streit um strenge Klimaschutzauflagen nicht nachzugeben.
Drohbrief nach Brüssel
Angestoßen hatten die Debatte Deutschlands
Autobosse, die auf
Konfrontationskurs zu Brüssel gegangen waren. In einem Brief an
die
EU-Kommission warnten die Chefs der großen deutschen Autobauer
vor
einem drastischen Verlust von Arbeitsplätzen, sollte Brüssel
einen
scharfen Grenzwert für den CO2-Ausstoß vorschreiben. Es
drohten
“schwerste Verwerfungen in der Automobil- und Zulieferindustrie”,
heißt
es nach einem Bericht der “Bild am Sonntag” in dem Brief von Norbert
Reithofer (BMW), Bernhard Mattes (Ford), Hans Demant (Opel), Martin
Winterkorn (VW) und Dieter Zetsche (DaimlerChrysler). Eine Abwanderung
zahlreicher Arbeitsplätze aus Deutschland und anderen
Produktionsstandorten in Europa wäre die unmittelbare Folge,
heißt es
in dem Brief.
“Nicht den Kopf in den Sand stecken”
Die EU-Kommission wehrte sich gegen die Kritik der
deutschen
Autokonzerne. Angesichts der globalen Erwärmung könne man
“den Kopf
nicht in den Sand stecken”, erklärte ein Sprecher und fügte
hinzu:
“Arbeitsplätze gehen nicht verloren, wenn man sich rechtzeitig auf
Veränderungen einstellt, sondern wenn man sich in
rückwärts gewandter
Weise dagegen sperrt.”
Auch das Umweltbundesamt kritisierte die deutschen
Autobauer scharf.
Die Behörde warnte die Autoindustrie davor, die Einführung
klimafreundlicher Technik zu verschlafen und auf diese Weise
Arbeitsplätze zu gefährden.
Das Ziel: 120 Gramm CO2 pro Kilometer
EU-Umweltkommissar Stavros Dimas will gesetzlich
vorschreiben, dass
von 2012 an die neu zugelassenen Autos in der EU einen
Durchschnittswert von 120 Gramm Kohlendioxid (CO2) pro Kilometer
erreichen. Eine freiwillige Selbstverpflichtung der Autobauer, 140
Gramm pro Kilometer bis 2008, droht zu scheitern. Noch liege der Wert
bei knapp 160 Gramm, heißt es in dem Bericht.