RootZ.Öko – Artikel aus der Umwelt

 
Spiegel

online 31.01.07

ERWÄRMUNG

Forscher sagen für

Sydney Klima-Katastrophe voraus

Klimaforscher haben ein katastrophales

Szenario für Sydney berechnet: Die Durchschnittstemperatur in der

australischen Metropole steigt bis 2070 um fünf Grad, Buschfeuer verwüsten

das Umland, Riesenwellen tragen die Strände ab.

Sydney – Die Prognosen für

den Rest der Welt klingen derzeit dramatisch genug, für Sydney aber

muten sie geradezu apokalyptisch an. Neue Klimaberechnungen prophezeien

der australischen Metropole einen deutlichen Anstieg der Zahl der Hitzetoten,

verheerende Buschfeuer und Riesenwellen, die Strände abtragen und

Häuser zerstören.

Der heute veröffentlichten

Regierungsstudie zufolge wird die Durchschnittstemperatur in der Stadt

bis 2030 um 1,6 Grad und bis 2070 um 4,8 Grad Celsius steigen – von derzeit

26 auf dann 31 Grad. Im Sommer, in dem derzeit oft mehr als 35 Grad erreicht

werden, könne es bis zu sieben Grad heißer werden. Sollten die

Bewohner ihren Wasserverbrauch in den nächsten 20 Jahren nicht halbieren,

könnte Sydney nicht mehr zu versorgen sein.

Die Zahl der Hitzetoten unter

Sydneys vier Millionen Einwohnern werde von zuletzt 176 pro Jahr auf über

1300 im Jahr 2050 steigen, heißt es in dem zwölfseitigen Bericht.

Ohnehin bereits gefährdete Pflanzen und Tieren im Umland könnten

aussterben; in neun von zehn Jahren werde Trockenheit herrschen – bisher

gibt es im Schnitt alle drei Jahre eine Dürre.

Zugleich werden der Studie

zufolge die mittleren Niederschlagsmengen bis 2070 um 40 Prozent fallen

und der Meeresspiegel um 20 Zentimeter steigen. Die Folgen: Gewaltige Wellen

von mehr als 20 Metern Höhe werden über die Küsten des Bundesstaats

New South Wales hereinbrechen, die Strände abtragen und Luxusvillen

am Strand zerstören. Die Erwärmung bringe zudem mehr Stürme

mit sich, die unter anderem die alljährlich auftretenden Buschfeuer

kräftig anfachen und stärker als bisher in die Vorstädte

treiben würden.

Küstenstadt ohne Küstenklima

“Das mag nach einem Weltuntergangsszenario

klingen, aber wir müssen uns dem stellen”, sagte Morris Iemma, Regierungschef

von New South Wales, der die Studie beim renommierten australischen Forschungsinstitut

CSIRO (Australian Commonwealth Scientific and Research Organization) in

Auftrag gegeben hatte. Die Werte für Sydney liegen deutlich über

den Prognosen der Vereinten Nationen für die Entwicklung der weltweiten

Temperatur. Das Intergovernmental Panel on Climate Change (IPCC) der Uno

wird in seinem neuen Bericht einen Anstieg der globalen Durchschnittstemperatur

um bis zu 4,5 Grad bis 2100 vorhersagen. Das wahrscheinlichste Szenario

des Reports, der am Freitag in Paris offiziell vorgestellt werden soll,

geht von einem Anstieg um drei Grad aus.

Dabei handelt es sich jedoch

nur um den globalen Durchschnitt. Die Entwicklung in einzelnen Regionen

kann davon stark abweichen – so auch in Sydney, glaubt man der neuen CSIRO-Studie.

Ihr zufolge werden die Bewohner der Metropole schon bei einer Erwärmung

von einem Grad und einem Rückgang der Niederschläge um fünf

Prozent nach heutigen Maßstäben nicht mehr in einem Küstenklima

leben, sondern wie in einer Stadt 175 Kilometer im Ladesinneren.

Anfang dieser Woche hatten

Wissenschaftler auch für Deutschland Berechnungen zur Entwicklung

der Temperaturen vorgelegt. Demnach wird es hierzulande in den kommenden

Jahrzehnten deutlich wärmer werden – allerdings nicht in so extremem

Maße wie in Sydney.

Heißer Wahlkampf

Der neue Klimabericht dürfte

auch den australischen Wahlkampf beeinflussen. In Australien, dem schon

heute trockensten aller Kontinente, herrscht derzeit die schlimmste Dürre

seit mehr als 100 Jahren. In fast allen großen Städten muss

das Trinkwasser rationiert werden.

Umweltschützer haben

angesichts der neuen Studie ihre Kritik an Ministerpräsident John

Howard wiederholt, der das Klimaprotokoll von Kyoto bisher nicht unterzeichnet

hat. Howard lehnt das weiterhin ab – mit Verweis auf die Boom-Länder

China und Indien, die auch nicht an das Abkommen zur Verminderung des CO2-Ausstoßes

gebunden seien.

Howard sagte, er trete für

eine Energiepolitik mit sauberer Kohle und Atomkraft ein. Dies empfahl

auch eine Studie der Energieversorger Australiens, die am Mittwoch vorgelegt

und von Howard begrüßt wurde. “Es ist einfach nicht machbar,

Kraftwerke in diesem Land mit Sonnen- und Windenergie zu betreiben.”

Australiens Energieversorgern

zufolge würde es das Land umgerechnet 45 Milliarden Euro kosten, den

Ausstoß von Treibhausgasen bis 2030 um 30 Prozent zu senken – weil

alternative Energien so teuer seien. Die CSIRO widerspricht dem jedoch:

“Die Senkung des Treibhausgas-Ausstoßes hätte keinen negativen

Effekt auf den Lebensstandard in Australien”, heißt es auf der Website

der Organisation.

Auch das Australian Business

Council of Sustainable Development, ein Verband der Industrie für

erneuerbare Energien, griff die Kostenrechnung der Energieversorger an.

“Windkraft ist momentan zwar teurer als Strom aus Kohle”, sagte Verbandsvertreter

Ric Brazzale. In den Preis für Kohlestrom seien aber nicht die Folgekosten

des Treibhausgas-Ausstoßes eingerechnet. Brazzale fordert deshalb

die Einführung des Emissionshandels. “Und dann lassen wir den Markt

entscheiden, welche Technologie konsteneffizienter ist.”

 

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