RootZ.Öko – Artikel aus der Umwelt

 
Spiegel

online 03.05.07

Apple will grüner

werden

Von Konrad Lischka

Mehr Recycling, weniger Umweltgifte

und eine Studie zur CO2-Bilanz: Apple-Boss Steve Jobs reagiert auf Greenpeace-Kritik

und gelobt Besserung. Völlig überzeugt hat er die Umweltschützer

aber noch nicht.

Das hat Apple-Boss Steve

Jobs noch nie getan. In einer Botschaft an Kunden, Aktionäre und Umweltschützer

in Kurzgeschichten-Länge (11.366 Zeichen!) versprichter nicht nur,

dass Apple umweltfreundlicher arbeiten wird. Er verrät auch vorab

ein paar Produktdetails. Noch in diesem Jahr will Apple Computer mit LED-Hintergrundbeleuchtung

ausliefern. Solche Prognosen konnte man bisher nur auf Gerüchteseiten

lesen – wenn Apple selbst Produkte ankündigte, konnte man sie immerhin

schon sehen.

Jobs versucht den Befreiungsschlag:

Es geht um die Umwelt – ein Thema, zu dem jetzt jeder in der IT-Industrie

etwas sagen will. Apple hat das bislang nicht getan, wie Jobs eingesteht:

“Wir haben heute zum ersten Mal über unsere Pläne gesprochen,

ein grüneres Apple zu werden”, schreibt er und bekennt reumütig:

“Wir entschuldigen uns, sie so lange im Dunkeln gelassen zu haben.” Konkret

geht es um eine Greenpeace-Studie, die Apple beim Umgang mit Umweltgiften

auf dem letzten Platz aller großen Computerhersteller sieht. Nun

verkündet Jobs: Die neuen LED-Displays werden weder Arsen noch Quecksilber

enthalten, ab 2008 gibt es kein PVC mehr in Apple-Produkten und bis 2010

will Apple doppelt soviele Altgeräte recyceln wie heute.

Apple ignoriert zwei entscheidende

Themen

Das ist mehr als Greenpeace

erwartet hat, aber noch immer zu wenig. Zeina Al-Hajj, Koordinatorin der

Greenpeace-Kampagne zu Computerschrott, kommentiert Jobs’ Ankündigung

gegenüber SPIEGEL ONLINE: “Apple wird in drei wichtigen Punkten besser,

lässt aber zwei entscheidende Themen unbeachtet.” Es sei schon beachtlich,

dass Apple Transparenz wage: “Das ist das erste Mal, dass sie eine Umweltrichtlinie

aufstellen und klare Pläne veröffentlichen.”

Am weitesten geht Apple mit

seinen Versprechen, auf bestimmte Chemikalien zu verzichten: Vom Ende kommenden

Jahres an soll kein ausgeliefertes Apple-Produkt mehr Polyvinylchloride

(PVC) oder bromierte Flammschutzmittel enthalten. Greenpeace-Koordinatorin

Al-Hajj zu SPIEGEL ONLINE: “Das ist ein sehr positiver Schritt. Sie schlagen

damit alle anderen Hersteller, die uns ein solches Versprechen gegeben

haben, um ein Jahr.”

Kein weltweites Recycling-Programm

Nicht ganz so weit geht Apple

mit seinem Recycling-Versprechen. Gewiss, das Unternehmen nennt eine klare

Zahl: Im Jahr 2010 will Apple 28 Prozent des Gewichts der sieben Jahre

zuvor verkauften Apple-Produkte recyceln. 2007 soll diese Quote bei 13

Prozent liegen, 2006 waren es neun Prozent. Allerdings setzt Apple diese

Vorhaben selbst nur in den Vereinigten Staaten um. Zeina Al-Hajj zu SPIEGEL

ONLINE: “Andere Hersteller nehmen weltweit ihre Produkte zurück, überall,

wo sie verkaufen. Apple spricht heute nur über die Vereinigten Staaten.”

Greenpeace besteht auf einer Rücknahme durch den Hersteller, weil

dieses Verfahren noch am ehesten garantiert, dass die Altgeräte nicht

illegal auf Müllhalden in China oder Indien landen.

In Deutschland können

sich Verbraucher aber auch ohne ein eigenes Apple-Rücknahme-Programm

relativ sicher über eine umweltverträgliche Entsorgung sein:

Seit einem Jahr regelt das Elektro- und Elektronikgerätegesetz, dass

man Altgeräte kostenlos bei deutschlandweit 1500 kommunalen Sammelstellen

abgeben kann. Abholung, Sortierung, Recycling oder Lagerung übernehmen

die Hersteller.

Wo ist der umweltfreundliche

Computer?

In Steve Jobs’ Ankündigung

vermisst Greenpeace – ebenso wie in allen Plänen von Computerherstellern

– einen umweltfreundlichen Computer. Ihre Forderung: Statt sich auf die

Beseitigung des Mülls zu konzentrieren, sollten die Hersteller Geräte

entwerfen, die weniger Müll verursachen. Bei Computern ist die durchschnittliche

Lebenszeit laut Greenpeace inzwischen auf drei Jahre zurückgegangen.

Der Wunsch der Lobby-Gruppe “Die Geräte sollten länger halten

und sich leicht erweitern lassen.” Wie das konkret aussehen könnte,

“sollte man der Innovationskraft der Industrie überlassen”, sagt Al-Hajj.

Das klingt etwas weltfremd. Aber: Warum sind bei Apples iMac Monitor und

Rechner so eng verbunden, dass man auch den Monitor wegwerfen muss, wenn

man nur einen schnelleren Prozessor will?

Über solche Design-Mängel

spricht Jobs nicht. Stattdessen lässt er das Schlagwort CO2 fallen,

denn Klimaschutz wird auch in der Computerbranche zu einem Reizwort: “Wir

werden den CO2-Abdruck all unserer Produkte untersuchen, erste Zahlen wahrscheinlich

schon in diesem Jahr veröffentlichen”, kündigt Jobs an. Meint

er die Kohlendioxid-Emissionen bei der Herstellung, den Stromverbrauch

im Betrieb?

Das magische Wort Kohlendioxid

Konkreter wird Jobs nicht.

Hauptsache das Schlagwort Kohlendioxid fällt. Umweltschutz wird nun

auch in der IT-Branche zum Instrument der Öffentlichkeitsarbeit. Das

beste Beispiel lieferte vorige Woche das Marktforschungsunternehmen Gartner.

Die Analysten meldeten, die Computer- und Telekommunikationsbranche sei

für 2 Prozent des weltweiten CO2-Ausstoßes verantwortlich, blase

also ebenso viel Kohlendioxid in die Atmosphäre wie der internationale

Flugverkehr. Basis der Aussage: Eine “Schätzung” des Energieaufwands

für Produktion und Betrieb von Computern, Festnetz- und Mobiltelefonen.

Bei solch vagen Aussagen

wird sogar Greenpeace vorsichtig: “Sollten diese Zahlen stimmen, muss die

Industrie sofort handeln”, sagt Greenpeace-Koordinatorin Al-Hajj zu SPIEGEL

ONLINE. Nur sollte vorher jemand diese Zahlen zur Energieeffizienz und

CO2-Bilanz prüfen. Angekündigt hat Steve Jobs das jetzt schon

einmal öffentlichkeitswirksam. Und irgendwann kommen konkrete Zahlen.

 

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