RootZ.Öko – Artikel aus der Umwelt

 
Spiegel

online 04.05.07

Zugspitze – „Wir zögern

die Gletscherschmelze hinaus“

Herr Huber, seit Donnerstag

bedecken Sie und etwa 20 Kollegen von der Bayerischen Zugspitzbahn Bergbahn

AG Gletscherflächen der Zuspitze mit Planen. Hat das wirklich Sinn?

Ja. Es dient vorrangig den

Skifahrern und dem Tourismus. Wir legen den Winter über Schneedepots

an. Das ist Bestandteil unseres Snowfarmings. Wir bestellen die Schneeflächen

wie ein Bauer seine Felder. Und mit den Folien können wir den Schnee

vor der Sonne schützen und die Depots für die nächste Skisaison

erhalten. In diesem Jahr haben wir wegen des heißen Aprils früher

als sonst begonnen, die Folien auszulegen. Sie werden etwa 9000 Quadratmeter

Gletscherfläche bedecken.

Die Folien haben also lediglich

wirtschaftliche Gründe und dienen nicht dem Erhalt des Gletschers?

Letztlich wollen wir sicherstellen,

dass der Skibetrieb aufrechterhalten werden kann. Aber wir denken nicht

nur an die Wirtschaftlichkeit des Skigebiets, sondern auf lange Sicht auch

an den Gletscher. Wir leben von dem Gletscher und wollen ihn natürlich

so sanft wie möglich behandeln, um das Skigebiet zu erhalten.

Mit vereinten Kräften

verlegen Mitarbeiter der Zugspitzbahn Folien auf dem Gletscher

Dennoch können Sie nicht

verhindern, dass der Gletscher schmilzt?

Wir können mit unseren

Folien die globale Klimaveränderung und die Erderwärmung nicht

aufhalten. Den Gletscher können wir nicht retten. Er wird eines Tages

verschwunden sein. Aber wir können es zumindest hinauszögern.

Wir versuchen, den Gletscher in seiner vorhandenen Form zu halten, indem

wir den Schnee konservieren.

Ist die Arbeit in dieser

Hinsicht nicht ziemlich frustrierend? Schließlich war der Gletscher

im Jahr 1910 noch 85 Meter dick, heute sind es gerade 45 Meter.

Ich habe eine sehr emotionale

Bindung zum Gletscher. Ich bin nun seit 24 Jahren hier tätig und lebe

mit dem Gletscher. Ich sehe den Gletscher dahinschmelzen. Das ist Natur.

Mir blutet das Herz, wenn ich daran denke, dass die Kinder meiner Kinder

vielleicht keinen Gletscher mehr sehen können.

Die reflektierenden Folien

sollen die Schmelze verlangsamen

Also ein verlorener Kampf?

Ach, naja. In meiner Brust

schlagen zwei Herzen. Eines, das blutet, und eines, das an das Skigebiet

denkt. Ich bin schließlich selbst Skifahrer. Und der Skibetrieb muss

von Jahr zu Jahr aufs Neue geplant werden. Das Snowfarming macht meinen

Job interessant. Erst im Herbst sehen wir, ob wir die richtigen Stellen

abgedeckt haben. Dann wissen wir, ob sich der Aufwand gelohnt hat.

Was heißt gelohnt?

Wenn wir einen Jahrhundertsommer

bekommen, dann kann es passieren, dass der ganze Aufwand sich nicht lohnt.

Da steckt viel Energie drin. Das sind nicht nur die Folien, sondern wir

arbeiten vom ersten Tag des Skibetriebs bis zum letzten Tag am Snowfarming.

Skigebiet-Leiter Frank Huber

Sind denn die Folien überhaupt

erforderlich, oder ist es im Endeffekt nur Verschwendung?

Wenn ich Skifahren für

etwas Überflüssiges halte, dann ist es Verschwendung. Aber an

unserer Arbeit hängen auch viele Arbeitsplätze, die wir sichern

können.

Aber die hängen doch

nicht von den Folien ab?

Nein, nicht direkt. Wenn

ich weiß, ich kriege im Herbst zwei Meter Schnee, dann wären

die Folien umsonst. Aber das kann ich nun einmal nicht wissen.

Vor allem die Skipiste wird

abgedeckt, den Helfern geht es in erster Linie um den Tourismus

Wie ist denn die Idee entstanden,

den Gletscher flächenweise mit Planen abzudecken?

Das machen wir nun schon

seit 14 Jahren. Damals haben wir angesichts des kleiner werdenden Gletschers

überlegt, was wir tun können, um den Skibetrieb zu gewährleisten.

Die Idee war, Schneedepots anzulegen und diese den Sommer über zu

erhalten. Wir haben dann ganz klein angefangen, die Folien einzusetzen,

und so ging es immer weiter.

Wie lange wird, auch mit

Hilfe der Folien, der Skibetrieb auf den Gletscherflächen noch möglich

sein?

Zumindest die nächsten

zehn Jahre. Was dann ist, das kann niemand vorhersagen.

 

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