RootZ.Öko – Artikel aus der Umwelt

 
Spiegel

online 04.06.07

G-8-KLIMADEBATTE

Chinas Klimaprogramm soll

eigene Wirtschaft schützen

Vorpreschen und verwässern

– nach dem PR-Coup von George W. Bush stellt nun China ein Klimaschutzprogramm

vor. Verbindliche Obergrenzen fehlen darin jedoch, in der Pflicht stehe

vor allem der Westen: So bereiten die Chinesen ihren Gastauftritt beim

G-8-Gipfel in Heiligendamm vor.

Die globale Erwärmung

sei im Wesentlichen von 200 Jahren ungezügelter industrieller Entwicklung

im Westen verursacht worden – mit dieser Feststellung machte der Direktor

der chinesischen Entwicklungs- und Reformkommission, Ma Kai, die Haltung

Pekings klar: In der Pflicht stehe der Westen, man selbst könne als

Entwicklungsland nur begrenzt zum Kampf gegen den Klimawandel beitragen.

In einem 62-seitigen Dokument stellte die chinesische Führung heute

ein Nationales Klimaschutz-Programm vor.

Zu den konkreten Punkten

in diesem Dokument gehören einige bereits bekannte Vorhaben, wie die

Steigerung der Energieeffizienz. Bis zum Jahr 2010 soll sie um 20 Prozent

erhöht werden. Bis zum selben Zeitpunkt soll der Anteil erneuerbarer

Energien auf zehn Prozent steigen. Außerdem plant die Führung

in Peking Aufforstungs- und Aufklärungsaktionen.

Konkrete Ziele zur Verminderung

des Treibhausgasausstoßes finden sich in dem Programm aber nicht.

Die Volksrepublik bemühe sich, ihren Ausstoß an Treibhausgasen

zu “kontrollieren”, heißt es lediglich. China habe als Schwellenland

mit einer großen Bevölkerung und einem hohen Kohleverbrauch

nur “begrenzte Kapazitäten, gegen den Klimawandel vorzugehen”. Die

Hauptinteressen des Landes lägen bei der “wirtschaftlichen und sozialen

Entwicklung und dem Kampf gegen die Armut”. Dass man einstweilen dem Wirtschaftswachstum

den Vorrang vor allzu engen Verschmutzungsgrenzen geben will, ist keine

neue Aussage der Chinesen.

Bislang lautete Pekings Position:

Man wolle den Klimawandel erst ab dem Jahr 2013 bekämpfen (mehr…)

– also nach Ablaufen des Kyoto-Protokolls. Tatsächlich hatte das asiatische

Land dieses Uno-Dokument ratifiziert, war darin als Entwicklungsland aber

nicht zur Emissionsminderung verpflichtet worden. In der Diskussion um

einen Kyoto-Nachfolger, der Ende des Jahres in Bali beschlossen werden

soll, versucht das Land sich offenbar nun neu zu positionieren. Beim G-8-Gipfel

in Heiligendamm am kommenden Freitag zu Klimagesprächen eingeladen,

wird Chinas Premier Hu Jintao offenbar argumentieren: Die westlichen Industrieländer

müssten mehr beitragen als China.

Im Zweifelsfall in Frage

stellen

Das heute vorgestelle Klimaschutz-Programm

dürfte dazu dienen, im Vorfeld Kritik von China abzuwenden. Seht her,

wir tun ja was – so könnte man Tenor und Timing des Papiers interpretieren.

Auch die USA, die neben China und Russland Anfang April bei den Abschlussverhandlungen

zum jüngsten Bericht des Weltklimarats als größter Bremser

aufgetreten waren, bereiten den Klimastreit von Heiligendamm medial vor:

Vergangene Woche gelang US-Präsident George W. Bush mit einer eigenen

Initiative ein PR-Coup (mehr…). “Bis Ende nächsten Jahres werden

Amerika und andere Nationen ein langfristiges, globales Ziel für die

Reduzierung von Treibhausgasen setzen”, hatte er verkündet. Im Klartext

heißt dies jedoch: Die Uno soll nicht weiterhin das Forum für

Klimaschutzverhandlung sein, sondern eine Koalition der Willigen nach Gusto

des Weißen Hauses.

 

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