RootZ.Öko – Artikel aus der Umwelt

 
Tagesschau

online 27.08.07 

China – Giftiger Qualm

in den Vororten 

Von Petra Aldenrath, ARD-Hörfunkstudio

Peking 

Im Gespräch mit Bundeskanzlerin

Angela Merkel hat Chinas Premier Wen Jiabao zugesichert, sein

Land werde alles unternehmen,

um die Umwelt zu schützen. Dass die Regierung dieses Versprechen

einlöst, hoffen auch

viele Chinesen. Wie zum Beispiel die Menschen, die in der Industriestadt

Baotou

inmitten von Fabriken leben.

Ihre Lebenserwartung beträgt oft nur zwischen 30 und 40 Jahre. 

 

Baotou, die Provinzhauptstadt

der Inneren Mongolei. Am Stadtrand ist die Industrie angesiedelt. Hier

steht eine Fabrik neben der anderen. Stahlwerke, Eisen- und Aluminiumverarbeitung,

Maschinenproduktionsanlagen

oder auch Chemiewerke. Aus den Schornsteinen der Industrieanlagen

quillt dicker schwarzer

Rauch, aber auch gelblich-rote Dampfwolken werden in die Luft gepustet.

Es

stinkt nach Gift. In den

nahe gelegenen See werden die Abwässer eingeleitet. Am Rande des Sees

hat

sich die Industrieschlacke

abgelagert. Eine schleimige, grau-grüne Substanz. Inmitten der Fabriken

liegen heruntergekommene

Wohngebiete. 

 

“Ob das hier schwer verschmutzt

ist? Natürlich ist das schwer verschmutzt. Schau dir doch den Rauch

an. Der brennt dir in den

Augen. Siehst du den Rauch? Man kann hier oft nicht atmen”, erzählt

ein

35-jähriger Mann. Er

ist hier aufgewachsen, inmitten der Fabriken. So wie auch seine Kinder.

Sie gehen

hier zur Schule, spielen

auf der Straße. “Wie sollen wir unsere Kinder schützen? Da gibt

es keinen

Weg.” Der 35-Jährige

zuckt mit den Schultern. Während die Fabrikbesitzer in schmucken Vororten

wohnen, kann sich keiner

derjenigen, die in den Industrievororten Baotous leben, einen Umzug leisten.

Also bleiben sie in ihren

ärmlichen Behausungen, mit Blick auf die rauchenden Fabrikschlote.

In den

Gassen der Industrieorte

liegt der Müll, überall zwischen den Häusern ragen dicke

Stromverteiler aus

dem Boden. Die Fabriken

werden mit Energie versorgt, die Menschen, die mittendrin leben, haben

noch nicht einmal fließend Wasser. 

Ein älterer Mann erzählt:

“Wir sterben hier früh. Ich kann Ihnen diese Wahrheit sagen. Ich bin

mittlerweile 80 Jahre alt”,

sagt er. “Aber viele, die die giftigen Rauchwolken einatmen, werden schwer

krank und sterben. Gerade

vor kurzem sind drei Dorfbewohner gestorben. Sie waren alle zwischen 30

und 40 Jahre alt. Das ist nur wegen der Umweltverschmutzung. Ohne die würden

die Menschen hier

auch nicht sterben.” 

 

Saurer Regen und verseuchte

Flüsse 

Die Umwelt in China ist in

einem katastrophalen Zustand. 70 Prozent aller Flüsse sind verseucht,

in

mehr als einem Drittel des

Landes fällt saurer Regen. Die Regierung in Peking spricht davon,

die

Umwelt stärker zu schützen,

sie entwirft eigene Energiefahrpläne, unterschreibt

Umweltschutzabkommen und

beteuert der Welt, sie tue alles, um nicht die Fehler, die die

Industrienationen früher

gemacht haben, zu wiederholen. Nämlich erst die Umwelt zu zerstören,

um sie

später wieder zu reparieren. 

Für den 80-jährigen

Mann aus der Wohnsiedlung in der Industriezone von Baotou sind das bislang

hohle

Versprechen. Bereits mehrmals

beschwerten sich die Menschen am Stadtrand von Baotou darüber,

dass die Fabriken keine

Schadstofffilter benutzen. Als Antwort erhielten sie von der Polizei und

von

Schlägertruppen Prügel:

“Das nützt doch nichts, wenn wir berichten, wie verschmutzt es hier

ist”, sagt

der 80-Jährige. “Da

kümmert sich doch keiner drum. Sie haben doch Geld. Sie schmieren

einfach.

Keiner spricht da für

uns. Wir haben kein Geld um Menschen zu bestechen, also haben wir auch

niemanden, der für

uns spricht.”

 

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