RootZ.Öko – Artikel aus der Umwelt

 
Spiegel

online 05.09.07

KLIMASKEPTIKER

Außenseiter befeuern

die Leugnungsmaschine

Eine kleine aber zähe

Gruppe von Autoren leugnet hartnäckig, dass der Klimawandel vom Menschen

verursacht wird. Sie verteidigen CO2 als harmloses Gas und bezichtigen

seriöse Wissenschaftler der Lüge und der Korruption. Die so Gescholtenen

werden langsam sauer – und wehren sich.

“Endlich haben die Klimawandel-Zweifler

keine wissenschaftlichen Argumente mehr”, sagte Jochem Marotzke, deutscher

Mitautor des Uno-Klimareports, erst Anfang Mai voller Erleichterung. Kurz

zuvor hatten die 2500 Mitglieder des Weltklimarates IPCC festgestellt,

dass die globale Erwärmung “nicht mehr zu bestreiten” und “mit sehr

hoher Wahrscheinlichkeit” vom Menschen verursacht sei.

Doch trotz der Klarheit des

IPCC-Reports hat sich inzwischen eine Gegenbewegung aus Skeptikern und

Leugnern des menschengemachten Klimawandels formiert. Dabei handelt es

sich um eine bunte Truppe aus bloggenden Amateur-Klimatologen und Lobbyisten

von Öl- und Energieunternehmen, aber auch Journalisten und Wissenschaftlern.

Jüngstes Beispiel ist

der Wissenschaftspublizist Kurt G. Blüchel, der dem Weltklimarat Sensationslüsternheit

vorwirft und eine Lanze für das Kohlendioxid bricht: Keinesfalls sei

CO2 der Klimakiller Nummer eins, als der es nun geschmäht werde. “Eine

Mitwirkung von Kohlendioxid (am Klimawandel) ist nicht nachweisbar”, schreibt

Blüchel in seinem Buch “Der Klimaschwindel. Erderwärmung, Treibhauseffekt,

Klimawandel – die Fakten”, das soeben im C.-Bertelsmann-Verlag erschienen

ist.

Stattdessen seien die vielen

Eis- und Warmzeiten der Erdgeschichte vermutlich von Schwankungen der Erdbahn

und der Sonnenaktivität ausgelöst worden. Ähnliche Aussagen

enthielt der ebenfalls mit “Der Klimaschwindel” betitelte Film, den RTL

im Juni in einer überarbeiteten Fassung ausstrahlte.

Für Stefan Rahmstorf,

Wissenschaftler am Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung, wäre

ein Freispruch des CO2 jedoch “offensichtlich schwachsinnig”: “Der größte

Teil der globalen Erwärmung – 0,5 Grad Celsius – hat seit 1980 stattgefunden,

während die Sonnenaktivität abgenommen hat”, sagt der Mitverfasser

des Uno-Klimaberichts. Diese entscheidenden Messdaten seien den Zuschauern

des “Klimaschwindel”-Films jedoch verschwiegen worden, weil sie nicht zur

Verschwörungstheorie passten.

Weiter behauptet Filmemacher

Martin Durkin, es seien in Wirklichkeit die gestiegenen Erdtemperaturen,

die das auf unserem Planeten gebundene Kohlendioxid freisetzten und damit

für die erhöhte CO2-Konzentration in der Atmosphäre hauptverantwortlich

seien – eine glatte Umkehrung des wichtigsten IPCC-Befunds, der den Klimagasen

die Hauptschuld an der Erwärmung gibt.

“Der Verbreitung der Klimareligion

entgegentreten”

Auch auf zahlreichen Internetseiten

wird unter umgekehrten Vorzeichen über die globale Erwärmung

diskutiert: “Diese Seite unternimmt den Versuch, Sie über einen der

am weitesten verbreiteten Irrtümer aufzuklären – nämlich

über das Märchen vom menschengemachten Treibhauseffekt”, heißt

es etwa auf der deutschen Seite klimaskeptiker.info.

Kohlendioxid sei “nicht im

geringsten klimawirksam”, schreibt dessen Betreiber Andreas Kreuzmann,

der sich geradezu von kämpferischen Klimaschützern umzingelt

sieht: “Der weltweiten Verbreitung der Klimareligion ist mit allen legalen

Mitteln entgegenzutreten, um die egoistische Bereicherung von Klimaforschern,

Medien, Industrie und Politik zu beenden.”

Auch Buchautor Blüchel

fühlt sich von korrupten Klimaforschern herausgefordert. Bei der Gründung

des Weltklimarates 1988 sei es noch schwierig gewesen, genügend engagierte

Experten zu rekrutieren, die bereit gewesen seien, den Klimakreuzzug zu

führen, berichtet er. “Aber wo Geld und Ansehen winken, finden sich

schließlich immer Mitstreiter.” Ein Satz, der nach Darstellung des

US-Magazins “Newsweek” besser auf die sich formierende Gegenbewegung passt:

“Die Leugnungs-Maschine läuft auf Hochtouren”, stellte die Zeitschrift

kürzlich fest. So habe ein konservativer, lange vom Ölkonzern

ExxonMobil geförderter Think Tank Wissenschaftlern 10.000 Dollar (7300

Euro) für Artikel geboten, die geeignet seien, die jüngsten Weltklima-Berichte

zu untergraben.

Anerkannte Klimatologen wie

der Frankfurter Professor Christian-Dietrich Schönwiese sehen Autoren

wie Blüchel oder Durkin jedoch auf verlorenem Posten: “Die Leugner

des menschengemachten Klimawandels haben in der wissenschaftlichen Diskussion

noch nie eine Rolle gespielt und spielen auch weiterhin keine Rolle. Man

sieht sie daher auch nicht bei wissenschaftlichen Tagungen und sie haben

keine Chance, ihre Ideen in Fachzeitschriften zu veröffentlichen”,

berichtet Schönwiese im AP-Gespräch.

Die Außenseiterposition

der Skeptiker und Leugner sei wissenschaftlich ganz einfach nicht haltbar:

“Wenn wir die Zusammensetzung der Erdatmosphäre durch die Anreicherung

von Treibhausgasen ändern, muss das aus prinzipiellen physikalischen

Gründen zu Klimaänderungen führen. Das ist eine völlig

unbezweifelbare Grundtatsache und dementsprechend in jedem dafür relevanten

Lehrbuch zu finden.” Hinter den diversen Versuchen, den menschengemachten

Klimawandel in Zweifel zu ziehen, sieht Schönwiese verschiedene Motivationen:

“Einige sehen durch die geforderten Klimaschutzmaßnahmen die Wirtschaft

gefährdet, andere fürchten um ihren Lebensstandard, wieder andere

möchten eines unserer Weltprobleme gerne loswerden.” Zudem gebe es

die Gruppe der Interessenträger. “Und nicht wenige wollen sich einfach

wichtig machen.”

 

Mail  
Scroll to Top