RootZ.Öko – Artikel aus der Umwelt

 
FAZ

online 19.11.07

Kommentar

Abschied von Kyoto

Von Joachim Müller-Jung

Das Kyoto-Protokoll hat seinen

Zweck nicht erfüllt

19. November 2007 Anders

als von vielen vermutet und besonders von Europäern erhofft hat der

Weltklimarat IPCC sein historisches Berichtsjahr keineswegs mit einem Paukenschlag

beendet. Die Hiobsbotschaften aus der Klimaforschung hatten sich mit den

über das Jahr verteilten Arbeitsgruppenberichten bereits erschöpft.

Mehr war auch von einer Zusammenfassung nicht zu erwarten. Was man allerdings

erwarten durfte, drei Wochen vor vielleicht wegweisenden Neuverhandlungen

zum Klimaschutz auf Bali, war ein politisches Signal. Zumal jetzt, mit

dem Friedensnobelpreis im Rücken.

Es wurde am Ende ein verschlüsseltes

Signal, ein für den Geschmack vieler vielleicht sogar allzu visionäres

Manifest. Denn das Kyoto-Protokoll, immer noch Fetisch der Klimaschutzpioniere,

löst sich darin halbwegs in Luft auf. Einmal als Fußnote und

ein zweites Mal, indem es neben der Klimarahmenkonvention als Beginn und

als „Stimulanz“ für ein Bündel möglicher nationaler Klimapolitiken

beschrieben wird, kommt das Abkommen zu Ehren. Doch hier Deckel drauf,

dort nicht und dann Daumen drücken – das hat der Weltklimarat mehr

als nur angedeutet – kann nicht die globale Lösung sein, nach der

jetzt gesucht wird.

Entschlossener Handeln

Im Grunde genommen dokumentiert

der Bericht schon den Abschied von Kyoto. Ein Abschied, der vielen auch

im Kreis des IPCC deshalb so schwerfällt, weil das nach einem Scheitern

der Klimapolitik allgemein aussieht. Tatsächlich haben sich die weltweiten

Kohlendioxidemissionsraten in den vergangenen Jahren nicht verringert,

sondern mehr als verdoppelt. Und so erhält die Idee, dass wir etwas

anderes, Neues brauchen, an dem alle teilnehmen, temporäre Zwangsläufigkeit.

Eine Welt, in der sich der

Energiehunger wahrscheinlich schon in fünfundzwanzig Jahren verdoppelt

haben wird und in der die Regierungen zuletzt in der gleichen Zeit ihre

Mittel für die Energieforschung um vierzig Prozent verringert haben,

hat allen Grund, entschlossener zu handeln und sich zu öffnen. UN-Generalsekretär

Ban Ki-moon hat in Valencia den Willen zur Abkehr vom Ausschlusskriterium

Kyoto bestärkt, indem er insbesondere den Nicht-Kyoto-Staaten und

Hauptemittenten Amerika und China „jedem auf seine Weise“ eine Führungsrolle

im Klimaschutz zubilligte. Die Ersetzung des Kyoto-Clubs steht an.

 

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