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Natty Dread
International Reggae Ambassador

Reggae Music – in den jetzigen fetten Jahren in denen Inhalte klein geschrieben werden, ist es beinahe normnal zu nennen, in Zusammenhang mit diesem Sound an Karibikstrände, Palmen, leicht bekleidete Mädchen und einen Longdrink mit B****di Rum zu denken.
Allerdings ist Reggae Music mehr, als ein bißchen Rumhüpfen zum exotischen Beat eines Peter André und Konsorten, es ist eine beeindruckende Musik mit Message und Spiritualität, entstanden in den Ghettos von Jamaika, hervor gegangen aus einer über vier Jahrhunderte währenden Sklavenhaltergesellschaft. Auch zwei Jahrzehnte nach dem Überschreiten des Höhepunktes der Popularität dieses karibischen Riddims Anfang der Achtziger Jahre, ist die Musik international präsent und nicht tot zu kriegen, Kenner der Szene prophezeien gar ein großes Reggae-Revival.
Dies in den Endsechzigern auf Jamaika aus der Weiterentwicklung von Ska und Rock Steady entstandene Genre hat der Reggaemusiker Natty Dread von der Pike auf kennen gelernt. Natty hat sogar das unverschämte Glück, Bob Marley zu kennen – und ich schreibe diese Phrase ganz bewußt im Präsenz, denn es besteht laut Natty nach wie vor bis heute ein spiritueller Kontakt zwischen den beiden Musikern. Aus diesem Dialog mit Bob zieht Natty Dread seine Inspiration und seine Power für sein musikalisches Werk. Diese mystische Kraft ermöglicht es dem Sänger, in  der heutigen, modernen, oberflächlichen und schnellebigen Zeit nach wie vor einen rootzigen Reggae mit anspruchsvollen Texten zu machen und sein Konzept zur Verbreitung der von Bob Marley vorgegebenen Message umzusetzen.

Natty  wurde Ende April 1964 in den U.S.A. geboren, er versteht sich allerdings laut eigener Aussage am ehesten als Weltenbürger. Erst ein hartnäckiges Nachfragen ergibt, daß er ein Produkt der Liebe seiner Mutter aus Ruanda, Zentralafrika und eines afro-amerikanischen Diplomaten ist. Natty Dreads Konzept von Staatsbürgerschaft ist  leicht nachvollziehbar, wenn man erst mal über den Werdegang des Sängers Bescheid weiß: bisher war es ein abwechslungsreiches Leben, durch das er gegangen ist. Schon als Kind lebte er mit seinen Eltern in Afrika, sein Vater hatte Aufgaben in Ruanda, dem Land seiner Mutter und anschließend ging die Familie nach Uganda.


Anschließend ging es mit den Eltern für zehn Jahre in Natty‘s Geburtsland, die U.S.A.. Das Leben eines Diplomaten ist in der Regel ein Leben aus dem Koffer und  mit verschiedensten Einsatzorten verbunden.
So kam es, daß Natty schon in jungen Jahren neben dem für Rastas gelobten Land - Afrika -  einen weiteren Flecken heiligen Bodens, nämlich Israel betreten konnte. Seit 16 Jahren befindet sich der Musiker jetzt in Europa und lebt heute in Hamburg, wo er nach dem langen Herumziehen früherer Jahre endlich Wurzeln geschlagen zu haben scheint.

Eine mittlerweile getrennte Ehe mit Natty‘s deutschen Partnerin hat zwei Kinder hervorgebracht. Die Kids wohnen zwar bei der Mutter leben,  haben aber viel von ihrem Vater mitbekommen: beide Sprößlinge beginnen schon im jüngsten Alter mit dem Musizieren und vielleicht ist in ein paar Jahren mnit ihnen das Fundament der nächste Reggaegeneration herangewachsen. Eine universelle Musik, in einem kosmopolitischen Leben mit internationalen Kindern – bei solchen Phänomenen ist es kein Wunder, daß Reggae bald im letzten Dorf auf dieses Planeten bekannt ist.


Natty Dread selbst arbeitet hart an diesem Phänomen. Seine musikalische Initialzündung war eine Begegnung mit Bob Marley Anfang der Achtziger Jahre, dem eine kurze Freundschaft bis zu Bob’s Tod folgte.
 

Das breite Musikinteresse Natty‘s – er hörte früher nach eigenen Angaben Pop, Soul, Gospel, afrikanische und karibische Musik – verkleinerte sich durch Bob’s Einfluß drastisch und schrumpfte auf eines zusammen: spirituelle, kulturelle Reggaemusik, eben das Fundament, auf dem auch der Sound von Bob Marley steht.

Seit seiner Begegnung mit dem populärsten Reggaemusiker hält Natty die rot-gelb-grüne Rootz Reggae Fahne in den Wind. Er möchte verhindern, daß die Reggae Music mit den Aussterben der alten Garde von Musikern vergessen wird: „Ich bin einer von den Musikern, die Rootz Rock Reggae weiterleben lassen werden“, sagt er zu dieser Thematik und hat sein Schaffen damit in einer kurzen, präzisen Aussage beschrieben.

Basis für die Arbeit des Reggae-Ambassadors ist Deutschland, wo er schon seit über zehn Jahren mit der „We Remember Bob Marley Tour“ das musikalische Erbe Bob Marleys verwaltet. Das Projekt ist ein Dauerbrenner und integriert Reggaemusiker verschiedenster Herkunft: Während Natty Dread der spirituelle Berater ist, kommen die musikalischen Vibes von der Kombo Bass Culture und viele andere Gastmusiker partizipieren in den diversen Liveshows der Tour.


 
International hat Natty Dread schon mit vielen großen Reggaenamen – Ziggy und Rita Marley, The Wailers Band, Mutabaruka, Lucky Dube und vielen anderen – zusammengearbeitet. Höhepunkt seiner bisherigen musikalischen Karriere war jedoch eine Welttournee mit Cedella Booker - der Mutter von Bob Marley - in den Jahren 1995 und 1996. 

 
Daß der Musiker die Bretter von noch so kleinen Bühnen dem blankpoliereten Boden eines Aufnahmestudio bevorzugt bemerkt man nicht zuletzt daran, daß bisher erst ein Album von Natty Dread erschienen ist. Das Werk namens „My Reggae“ lehnt sich stilistisch sehr nahe an Bobs Werk an und wird laut Natty von allen, „vom kleinen Baby bis zum alten Mann“ geliebt. Ein neues Album mit dem Arbeitstitel „A Bright Star“  ist in der Pipeline und wird voraussichtlich im kommenden Jahr veröffentlicht. 

Diese Text ist als Erstausgabe in der Zeitschrift Sound and Vision 08.00 erschienen.


Copyright Text: Dr. Igüz / Fotos: U2 / Matthias Brandl / Dieter Bartsch  / Layout: Dr. Igüz 2000