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Kölle geht steil
14.2.02, Köln, Stadtgarten
Mit Gentleman
Dr Ring Ding
Kingstone
Sound Quake

Am Rhein war Ausnahmezustand, es herrschte die 5. Jahreszeit – Karneval. Da ich als Weedlover dieser alkoholtriefenden Massenveranstaltung gegenüber gar nicht positiv gegenüber eingestellt bin, fragte ich mich an diesem Abend, ob man überhaupt vor die Tür gehen kann. 
 
Ich war mir jedoch sicher, dass ich in der Reggaeszene einige Gleichdenkende treffen würde und dachte mir, dass „Kölle geht steil“ gar nicht so schlimm werden kann. Hinzu kam, dass Rodeney von Kingstone schon am Telefon bei der Akkreditierung meinte, Gentleman würde bestimmt einige Tunes von seinem neuen Album „Journey to Jah“ bringen. Da ich das Album schon gehört habe und es als „erste Sahne“ eingestuft habe, war diese Ankündigung der endgültige Entscheidungsgrund. 

Stadtgarten, Köln, 22 h. Ich dränge mich im strömenden Regen direkt hinter Ring Ding, den ich zufällig vor der Venue getroffen habe, an den triefenden Wartenden in der Schlange vorbei. Vielleicht war das nicht ganz fair, aber schließlich soll ich an dem Asbend noch im Konzert arbeiten und die Fotoausrüstung mußte trocken bleiben. 

Drinnen trifft man einen Haufen Bekannte, denn der Veranstaltungsraum ist an diesem Abend recht gut ausgebucht. Rodney, wieder einmal Veranstalter eines Kölner Prime Reggae Events, ist als Oberpimp verkleidet, er liebt das Detail bis hin zur Augenklappe. Alles in allem hält sich die Karnevalsatmo in Grenzen, wenn man nicht in den benachbarten Raum schaut, wo die Stadtgartenposse ausgelassen zu Kölschen Tön auf den Tischen tanzt. 
 

Bald ist der Raum pickepackevoll und die beiden Sounds – Soundquake aus Herne und die local sound bwoys von Kingstone – treiben die Massive gut an. Gegen 23 Uhr kommt Dr. Ring Ding auf die Bühne, es ist das erste Mal, dass ich ihn ohne seine Band, die Senior All Stars, sondern mit Sound System, sehe. Aber Lazy Youth von Kingstone weiß, was er macht, die Kommunikation zwischen Artist und Selector funktioniert. 
 
Ritchie Senior aka Dr. Ring Ding kann das Publikum mit allen Styles packen, sei es ein druckvoller Rude Boys’ Ska oder ein Roots Classic, er hat jeden Style drauf und kann mühelos zwischen den einzelnen Epochen jamaikanischer Musik switchen. Auffallend an diesem Abend ist, dass viele junge Reggaefans sich für die vornehmlichen Old School Tunes des Doktors begeistern können. Ich habe zwei Grupen von maximal 15-jährigen Chicks beobachtet, die richtig abgegangen sind. 

Nach gut einer Stunde übernahm Rodney als MC der Veranstaltung das Mike. „Are you ready for Germany’s No. 1 Reggae Artist? Are you ready for Gentleman?” Es war Mitternacht und die Leute hatten lange gewartet, erst in der Schlange im Regen, dann in der vollen, qualmigen Dancehall und – sie waren ready. Lighters flashten, Trillerpfeifen schrillten, Gentleman wurde von der Massive seiner Hometown gebührend begrüßt, als er mit einem Satz die Bühne von rechts betrat. 




 
Und es gab die versprochenen Tunes von seinem neuen Album, leider nicht im Duett mit Capleton – Fire Ago Bun Dem – oder mit Morgan Heritage – Man of My Own – oder dem von mir sehr respektierten Junior Kelly – Younger Generation. Gentleman hat an diesem Abend am Mike alles allein gemacht. Und das war fett. Nach seinen hunderten vojhn Auiftritten der Touren der vergangenen Jahre, merkt man ihm seine Professionalität genauso wie sein Charisma an. Dieser Mann weiß, was Reggae ist und wie Reggae funktioniert. Und er hat das Publikum in der Hand. 

 
Messagewise habe ich sehr große Achtung vor dem Kölner Sänger. Gerade seit „Journey to Jah“ ist Gentlemans Botschaft strictly rootswise, da findet man keine slackness und keine Gun- oder Gangstalyrix,was ich persönlich als sehr angenehm empfinde. Fraglich bleibt nur immer wieder, wie viel von dem Inhalt der Tunes von Reggaeinterpreten im Hirn der Massive ankommt, denn bzgl. Patois ist die Reggaeszene hierzulande noch stark nachhilfebedürftig. 

Egal, der Vibe kommt an. Das beweisen 300 – 400 Leiber, die sich an diesem Abend erneut zu unserer heißgeliebten Musik winden. Es ist schön zu sehen, wie die kleine, fragile Untergrundszene hier in Köln immer mehr Fuß fasst und immer weiter wächst. "Cologne is the Reggae capital of Germany", wie Rodney schon bei der Eröffnung dieser Show meinte. 
 



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