RoottZ Aktion – s.o.m.a. Festival – Ich wollte doch nur eine Cola … eine kleine, völlig sinnfreie Odysse


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Aktion
 

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Köln,
Jugendpark

9.
– 11.08.2002

Ich wollte doch
nur eine Cola … eine kleine, völlig sinnfreie Odysse

Der erste Tag des Festivals,
doch mir macht der Nachdurst vom alkoholreichen Abend vorher 

noch schwer zu schaffen.
Also was zu trinken kaufen – eine Cola wäre jetzt genau das richtige. 

Also ab zum Getränkestand.
Kurz vor dem Tresen sehe ich allerdings, wie der Kunde vor mir 

einige Getränkebons
zückt. 

Intermezzo:
die völlig sinnfreie Odysse

Geprägt von zahlreichen
Festivals, auf denen man verzweifelt mit Bargeld in der Hand versuchte, 

etwas zu trinken zu bekommen,
nur um dann an die (meist am entgegengesetzten Ende des 

Geländes platzierte)
Bonkasse geschickt zu werden, macht es in meinem Hirn Klick: Cola nur 

gegen Bons. Wo gibt es Bons?
An der Bonkasse. Wo ist die Bonkasse? Bestimmt draußen, am 

Eingang. Also nichts wie
hin und in die Schlange gestellt. Und schon bin ich mitten in dieser 

extrem ärgerlichen
Situation, dass es in der anderen Schlange immer etwas schneller geht.
Vor 

allem, wenn in der Schlange,
in der man selbst steht, nur Menschen mit besonderen Bedürfnissen
und Fragen anstehen. Wo kann man denn campen? Wie ist das mit dem Pfand
für die Müllsäcke? Kann ich auch einen eigenen Müllsack
mitbringen? Was ist, wenn der Müllsack nicht voll ist? Alles wichtige
Fragen, das braucht seine Zeit. Nach zwanzig Minuten bin ich schließlich
an der Reihe und erfahre, dass es Getränkebons nun wirklich nicht
hier, sondern am Infostand gibt. Vielen Dank. 

Zweiter Versuch, andere Schlange.
Aber so lange wie an der anderen Kasse kann es doch nicht dauern. Tut es
auch nicht – es dauert doppelt so lange. Denn hier werden auch die Bändchen
für Künstler und Presse verteilt, und da gibt es reichlich Stoff
für anregende Diskussionen: ich müsste eigentlich auf der Liste
stehen … der und der hat aber gesagt … ich bin Künstler und wollte
umsonst rein … da muss ich mal mit der Festivalleitung sprechen (die
ist über Funk leider nicht erreichbar, was den Festival-Mitarbeiter
nicht davon abhält, es die nächsten fünfzehn  Minuten
zu versuchen und die Kasse zu vernachlässigen) … stehe ich auf der
Liste? … was ist denn der Unterschied zwischen blauen und weißen
Bändchen? … wer bist du jetzt? … ich bin soundso, ich komme von
… wie ist das mit dem Catering? … ich stehe auf der Liste und mein
Freund steht auch auf der Liste … He, Klaus, soll ich deine Bändchen
auch direkt mit abholen? … 

Als Künstler will ich
schon gerne umsonst rein, warum geht das nicht? … das verstehe ich nicht,
dass ich nicht auf der Liste stehe … Da soll noch einer behaupten, die
Kunst der Konversation sei ausgestorben. Und so interessant das alles auch
ist, mein Durst geht davon nicht weg. So langsam steht mir die Galle bis
zur Oberkante Unterlippe. Oder umgekehrt. Und in meinem Dehydrations-Delirium
sehe ich nur halbbekannte Gesichter aus meiner Vergangenheit um mich herum,
natürlich die Gesichter, die man nie mehr sehen wollte. Passend zu
meiner Laune fährt sich in diesem Moment ein Transporter an dem Gewicht
für die Stand-Abspannung die Stoßstange kaputt. Die Stimmung
ist kurz vorm Siedepunkt, ein nervöses Zucken erfasst meine Augen
… doch da plötzlich ein Wunder: ich stehe vor dem Mitarbeiter: Ich

hätte gerne Getränkebons.
Bist du Künstler? Nein, Presse. Für Presse gibt‘s keine Bons,
nur für Künstler. Du musst dir was am Stand kaufen. Mit Bargeld?
Klar, mit Bargeld! Irgendwie war das ja klar, sonst 

hätte die ganze Geschichte
keine Pointe. Etwa eine Stunde, nachdem die ganze Aktion angefangen hatte,
schleiche ich mich wieder aufs Gelände und strebe dem Getränkestand
zu.

Das
Ende einer Odysse

Ich stehe am Getränkestand
und bestelle zwei Cola. Die freundliche Bedienung schenkt sie ein, ich
bezahle in harten Euros, fertig. Dauer der Aktion: zwanzig Sekunden. Es
wäre doch so einfach gewesen, wenn mir dieses Getränkebon-Gespenst
nicht im Kopf herumgespukt wäre. Und das Schlimmste an der ganzen
Sache ist, dass ich nicht einmal jemand anders die Schuld geben kann. 


Copyright Text: Veit
König / Layout: Dox Highüz 2002
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