Interview mit Dr. Ring-Ding and The Senior All Stars

Interview
mit

Dr. Ring-Ding und

Thomas (Senior All Stars)

März 2002 per Mail

RootZ: Fass doch bitte kurz
die Geschichte von Dr. Ring-Ding & The Senior Allstars zusammen.

Thomas (Senior All Stars):
Wir feiern bald unser zehnjähriges Bühnenjubiläum mit dieser
Band! Der einzige von uns, der alle Konzerte bestritten hat ist Richie.
Auf den übrigen Positionen spielte anfangs mit, wer gerade Zeit hatte.
Irgendwann ergab sich daraus eine feste Besetzung, die spielt jetzt auch
schon über fünf Jahre so zusammen.

Unser erstes Album “Dandimite!”
erschien 1995. Ska steht darauf noch deutlich im Vordergrund, wobei wir
uns nie als reine Ska-Band gesehen haben. 

 

Das zweite Album
“Ram Di Dance” gab´s 1997, zwei Jahre später “Diggin´
Up Dirt”, ein Version-Album mit Dubs, Remixes etc. Außerdem haben
wir noch ein Album mit der wunderbaren Doreen Shaffer von den Skatalites
und eins mit dem unglaublichen Lord Tanamo aufgenommen. 

Letztes Jahr gab´s
dann direkt zwei: Das Album “Big Up!” sowie die dazugehörige Dub-Version
“Pick Up The Pieces”…

Und da wir ja nicht in erster
Linie Studiomusiker sind, wurde natürlich immer viel live gespielt.
Mehr als vier Wochen Pause gab´s eigentlich nie in der ganzen Zeit… 

RootZ: Wie bist Du zum Reggae
gekommen?

Richie Senior alias Dr. Ring-Ding:
Ich habe damals angefangen, bei “El Bosso & die Ping Pongs” Posaune
zu spielen. Das war eine Skaband an meiner Schule. Zu der Zeit wusste ich
gar nichts über Ska, und über Reggae nur, daß er langweilig
ist. Die Einstellung hat sich natürlich schnell geändert, als
ich dann nach und nach die Feinheiten kennengelernt habe. Das war 1987
– seitdem liebe ich fast jede Form jamaikanischer Musik.

RootZ: Was für einen
Sound macht ihr und wo liegen Eure musikalischen Wurzeln?

Thomas (Senior All Stars):
Zunächst mal ergibt sich ja schon aus unserer Besetzung, dass es der
Sound einer Band ist, den man da hört. Das mögen wir. Ansonsten
gilt Richies Lieblingsspruch: “It´all Reggae Music”, wobei das natürlich
nicht Beliebigkeit bedeutet.

Richie Senior alias Dr. Ring-Ding:
Die wurzeln liegen zunächst mal im jamaikanischen Sixties-Ska – damit
haben wir angefangen, die Stile haben sich dann aber schnell ausgeweitet.
Wir haben gefallen an altem Ska, modernen und traditionellem Dancehall,
Jazz, Roots und Groovemusik im allgemeinen. Es bestehen also keine Berührungsängste,
wie man an unseren Kollaborationen mit Rappern auf dem “Diggin‘ up Dirt”
Album hören kann, allerdings sollte es schon alles irgendwie zusammenpassen.
Also auch demnächst keine Trash-Gothic-Techno-Einflüsse…

RootZ: Rechnet ihr Euch eher
dem Roots- oder dem Partylager zu?

 

Richie Senior
alias Dr. Ring-Ding: Für mich persönlich ist der Entertainment-Faktor
sehr hoch. Und daß man bei der Unterhaltung auch eine weitere Haltung
haben kann, ist für mich durchaus stimmig. In unseren Songs finden
sich thematisch neben Selbstbeweihräucherung auch andere Themen wieder
– Toleranz, Verständigung, Spiritualität und Liebe sind für
mich wichtig, aber das bedeutet nicht, daß man das ganze Konzert
“Ganja” und “Selassie-I” brüllend bestreitet.

RootZ: Was sind Eure Top
5 Artists /Tunes?

Thomas (Senior All Stars):
Bei mir geht das eher nach bestimmten Stilen innerhalb des Reggaes als
nach einzelnen Künstlern oder Tunes – Dub und DJ Style haben´s
mir dabei besonders angetan. Zwei absolute Reggae-Evergreens sind für
mich aber auf jeden Fall “Uptown Top Ranking” und “Broader Than Broadway”.

Richie Senior alias Dr. Ring-Ding:
Hmmm, bei mir gibt es eigentlich immer mehrere Favoriten…

Auf jeden Fall würde
ich in meine aktuelle Top 5 Leute einbringen wie Cutty Ranks, Professor
Nuts, Junior Kelly, Morgan Heritage, Luciano, Cocoa Tea, ooops, das werden
jetzt schon wieder zu viele…

RootZ: Wie seht ihr das Sound
Systembizness?

Richie Senior alias Dr. Ring-Ding:
Sound Systems sind sehr wichtig, um die Szene am leben zu halten, bzw.
sie überhaupt erstmal entstehen zu lassen. In Deutschland gibt es
jede menge, und das ist gut so. Ich selber mag es am liebsten, wenn nicht
nur der aktuelle Kram auf den Teller kommt, sondern eine umfassende Selection
gespielt wird. Ich habe am meisten über sogenannte “Querverbindungen”
gelernt, d.h. zu sehen, was ein Artist, der mir heute gut gefällt,
früher gemacht hat, oder wer einen bestimmten Song schonmal in den
Siebzigern gesungen hat.

 

RootZ: In D
boomt die Reggaeszene derzeit regelrecht. Wie seht ihr das?

Thomas (Senior All Stars):
Zuerst mal ist´s doch schön, dass überall so viel dieser
wunderbaren Musik zu hören ist. Dass das Ganze nicht nur quantitativ
boomt, beweisen dabei solch tolle Bands wie Seeed. Dass auch Mist dabei
rauskommt ist normal…

Unsere Band selbst betrifft
dieser Boom gar nicht so sehr, wir sind ja schon lange und beständig
dabei. Und wenn´s neuerdings ein paar offene Ohren mehr gibt freut
uns das…

RootZ: Wer verdient Credits
für den Aufbau der hiesigen Szene?

Thomas (Senior All Stars):
Wer die aktuelle Riddim gelesen hat, kann eigentlich nur zu dem Schluss
kommen, dass wir das Eek-A-Mouse zu verdanken haben!!!

Richie Senior alias Dr. Ring-Ding:
Ja, das stimmt!

Mal im Ernst: alle Bands
und Artists, die Beständigkeit beweisen, nicht den Trends nachhechten
und ihr Ding durchgezogen haben. Die szene wird immer von den Musikern
und den Fans gemacht – es ist nicht die Aufgabe eines einzigen Plattenlabels,
etwas für die Szene zu tun und sie am Leben zu halten, sondern jeder
einzelne Musikliebhaber ist da wichtig.

RootZ: Wird Reggae in D sich
zu einem Sellout – kurzlebig und kommerziell – oder zu einer beständigen
Szene entwickeln?

 

Thomas (Senior
All Stars): Ich denke da muss man zwei Ebenen auseinanderhalten: In der
Medienbetrachtung kann ich mir durchaus eine Art Sellout vorstellen. Manchmal
kommt einem Reggae dort ja wie ein kleiner Nebenzweig des HipHop vor.

Aber die eigentliche Szene
ist doch zu groß und beständig, als dass das irgendwie ganz
verschwinden könnte.

RootZ: Eine Message für
die RootZ Leser.

Richie Senior alias Dr. Ring-Ding:
Wie ich schon sagte – wer mit Liebe bei der Sache ist leistet einen wichtigen
Beitrag zum fortbestand der schönen Musik. Wenn wir Weiterhin tolle
Acts wie Buju Banton oder Alpha Blondy oder wen auch immer hier in Deutschland
sehen wollen, müssen wir auch unsere lokalen Acts unterstützen
– ob es nun Bands oder Soundsystems sind.




Copyright Bilder:
Grover Records / Doc Highüz / Text / Layout: Doc Highüz 2002
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