RootZ Politrix

Ausstellung
mit Menschen

Pygmäen-Ausstellung
in Belgien ruft Proteste hervor 

Yvoir/Belgien (AP) Roger
Owonu Ze und Marie Alem wollen ihre Sachen packen und wieder nach Hause.
Sie sind zwei der zehn Pygmäen vom Stamm der Baka, die derzeit in
Belgien in einer Ausstellung über ihr Volk auftreten – doch die Show
hat landesweit eine Menge Kritik hervorgerufen. Sie sei neokolonialistisch,
abwertend und rassistisch, lauten die Vorwürfe.

Vor zwei Monaten waren die
fünf Männer und fünf Frauen aus Kamerun in den Oasis-Naturpark,
ein privates Naturreservat 75 Kilometer südöstlich von Brüssel,
gekommen, um Touristen ihre Kultur und Lebensart vorzuführen. In dem
einem Zoo ähnlichen Park werden eigentlich Tiere wie tropische Fische
und Schmetterlinge gezeigt. Die Baka hofften, mit Hilfe der eingenommenen
Mittel die Lebensbedingungen ihres Stammes zu verbessern: Brunnen, Schulen
und Krankenhäuser sollten gebaut werden. Von den jeweils sechs Euro
Eintritt erhalten sie 2,50 Euro.

Die Idee zu der Ausstellung
über die kleinwüchsigen Menschen hatte der Belgier Louis Raets
im vergangenen Jahr während einer Reise durch Kamerun. Er hat den
Stammesvertretern die Flugtickets nach Belgien bezahlt und ist von der
negativen Resonanz auf die Ausstellung enttäuscht: «Es steht
hier alles im Einklang mit belgischem Recht», sagt er. Die Ausstellung
sei eine «zu 100 Prozent humanitäre Aktion», doch inzwischen
sei sie ein Politikum geworden. Dabei habe er mit seiner Idee nur helfen
wollen.

Auch die Baka verstehen den
Rummel nicht. In gebrochenem Französisch erklärt Alem: «Wir
haben hier ein humanitäres Projekt für ein besseres Leben. Das
war unser Ziel, mit dem wir hierher gekommen sind». Alle zehn sind
bestürzt über die negative Berichterstattung. Sie hätten
keine Ahnung gehabt, dass ihr Aufenthalt in Belgien eine solche Kontroverse
hervorrufen würde.

Wie viele ehemalige Kolonialmächte
kämpft auch Belgien immer noch mit seiner kolonialen Vergangenheit
in Afrika. Schon bald nach Eröffnung der Ausstellung kamen Proteste
von Menschenrechtsaktivisten und einer Gruppe für die Rechte afrikanischer
Immigranten. Sie wandten sich sogar an die belgische Überwachungsorganisation
für Bürgerrechte. Die Behörde erklärte zwar, die Ausstellung
sei nicht rassistisch. Aber das hat die Proteste von Kritikern nicht gestoppt.

Das Ausstellen von Menschen
sei in Belgien wie in anderen früheren Kolonialmächten schon
früher üblich gewesen, schreibt Johan Bosman in der Zeitung «De
Morgen». Er arbeitet für eine Gruppe, die indigene Völker
unterstützt. In den Jahren 1894 und 1897 habe König Leopold II.
mehrere «echte Kongolesen» gezeigt. Eine Million Schaulustige
habe sie begafft und ihnen Erdnüsse zugeworfen. Sieben der Afrikaner
waren während der Ausstellung wegen der kalten Temperaturen in Belgien
gestorben.

Auch in Kamerun hat die Ausstellung
ein großes und zumeist kritisches Medienecho hervorgerufen. Die staatliche
Zeitung «Tribune» fragte, ob die Pygmäen überhaupt
verstünden, was mit ihnen geschehe – und vor allem wie die Erlöse
der Ausstellung verwendet werden. «Jean Bibe, einer der Pygmäen,
sagte, er sei schon zufrieden damit, dass er ein Flugzeug und einen Zug
betreten konnte», berichtet die Zeitung.

In einem nachgebauten Dorf
zeigen die kleinwüchsigen Baka Videos über ihren Stamm, spielen
traditionelle Musikinstrumente und führen Tänze auf. Sie selbst
leben nicht in dem künstlichen Dorf, sondern in einem an den Park
angrenzenden Bauernhaus. «Es gibt keinen Zeitplan für die Tänze
und Shows», sagt Owonu Ze. «Wenn wir tanzen, heißt das,
dass es ein guter Tag ist, dass wir eine Menge Geld für unser Projekt
eingenommen haben.» Wie viel ihnen die Eintrittsgelder bisher tatsächlich
eingebracht haben und ob sie sich überhaupt den Rückflug nach
Kamerun leisten können, das wissen Owonu Ze und Alem aber nicht.

Yahoo online Dienstag 20.
August 2002, 13:09 Uhr 


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