Schwerkranke können Anträge
stellen
Karlsruhe – Acht Schwerkranke, die die
weiche Droge Cannabis als Medizin nutzen wollen, haben vor dem Bundesverfassungsgericht
einen ersten Erfolg errungen. Zwar wurde ihre Klage aus formellen Gründen
abgelehnt, doch das Gericht zeigte deutliche Sympathie für das Anliegen
der Kranken. Nach seiner Ansicht ist ein medizinscher Gebrauch von Cannabis
schon nach bisheriger Rechtslage nicht ausgeschlossen
(Az: 2 BvR 2382/99 u.a.)
Die Kranken leiden unter anderem an Multipler
Sklerose und Hepatitis. Von dem Cannabis-Wirkstoff verspechen sie sich
appetitanregende Wirkung, eine Erhöhung des Körpergewichts und
eine Verbesserung der Stimmungslage. Doch Cannabis ist als Betäubungsmittel
in Deutschland verboten. Importiert werden darf in Einzelfällen allerdings
das teure THC-Medikament Marinol, das in den USA zugelassen ist. Dessen
Kosten übernimmt die AOK aber nur für Aids- und Krebs-Patienten.
Andere Schwerkranke behelfen sich daher oft mit der illegalen Beschaffung
von Cannabis-Produkten wie Haschisch oder Marihuana, müssen aber stets
mit Strafverfahren rechnen.
Karlsruhe nahm die Verfassungsbeschwerde
zwar nicht zur Entscheidung an, weil die Kläger nicht den normalen
Rechtsweg ausgeschöpft hatten. Das Verfassungsgericht zeigte den Kranken
nun aber Wege auf, wie sie für ihre Interessen streiten können,
ohne sich zuvor strafbar machen müssen.
Empfohlen wird ihnen vor allem, beim Bonner
Bundesinstut für Arzneimittel und Medizinprodukte eine Erlaubnis für
den Cannabis-Erwerb zu beantragen. Ein derartiger individueller Gebrauch
sei “grundsätzlich erlaubnisfähig”, wenn die medizinische Wirksamkeit
der Substanz nach gewiesen sei. Bei seiner Entscheidung hat das Bonner
Institut aber einen Ermessensspielraum. Wird die Erlaubnisverweigert, könnten
die Kläger aber vor Gericht gehen und schließlich auch eine
– nun zulässige – Verfassungsbeschwerde erheben. Bei einer Krebspatientin
wurden die entsprechende
Genehmigungen bereits erteilt, erklärte
am Dienstag das Bundesinstitut. Dass Karlsruhe das Anliegen der Kläger
sehr ernst nimmt, zeigte sich schon an der beeindruckenden Schnelligkeit,
mit der über die erst im Dezember 1999 eingelegte Klage entschieden
wurde. Konkret zuständig war eine Kammer des zweiten Senats, bestehend
aus der Gerichtspräsidentin Jutta Limbach sowie den Richtern Winfried
Hasemer und Siegfried Broß. Hasemer gilt als liberal, Broß
als eher konservativ.
von Christian Rath 03.2001