Langjähriger
Cannabis-Konsum beeinträchtigt nicht nur das Gehirn, sondern kann
auch zu schweren Lungenschäden führen. Schweizer Forscher haben
bereits Cannabis-Fasern identifiziert, die in der Lunge als Entzündungsherde
wirken.
Am
Inselspital Bern wunderte man sich schon seit längerem über die
auffällig jungen Patienten, die wegen eines Lungenkollapses oder wegen
eines fortschreitenden Verlusts feiner Lungenbläschen (Lungenemphysem)
operiert werden mussten. Ralph Schmid, Direktor der Thoraxchirurgie, nahm
das Phänomen der schweren Lungenschäden genauer unter die Lupe
und stellte fest, dass es offenbar einen Zusammenhang mit langjährigem
Cannabiskonsum der Betroffenen gibt.
Bei
insgesamt 17 jungen Patienten, die seit Jahren regelmäßig Joints
rauchten und operiert werden mussten, stellten die Mediziner eine fortgeschrittene
Zerstörung des Lungengewebes fest. Bei einem Emphysem bildet die Lunge
zuerst große Blasen, danach platzt eine dieser Blasen und die Lunge
kollabiert, weil sie wegen der ausgetretenen Luft nicht mehr genug Platz
zum Atmen hat.
Die
17 Patienten waren durchschnittlich 27 Jahre alt und rauchten im Schnitt
bereits seit fast zwölf Jahren Zigaretten und seit knapp neun Jahren
sechs Joints pro Tag. Ebenfalls untersucht wurden 85 Nicht-Cannabiskonsumenten
im Durchschnittsalter von 24 Jahren. In der Kontrollgruppe trat kein Lungenemphysem
auf, obwohl sich in dieser Gruppe 74 regelmäßige Tabak-Raucher
befanden, berichten Schmid und seine Kollegen im Fachblatt “European Journal
of Cardiothoracic Surgery”.
Welche
Substanzen im Marihuana-Rauch für den ausgeprägten Lungenschaden
verantwortlich sind, ist bisher unklar. Nachgewiesen wurden von den Wissenschaftlern
aber Cannabis-Fasern, die aus den ungefilterten Joints direkt in die Lunge
gelangen und dort als Entzündungsherde wirken. “Die Dosis macht das
Gift”, sagte Schmid. “Wer jahrelang regelmäßig, insbesondere
täglich, Cannabis konsumiert, muss mit schweren Lungenschädigungen
und Atembehinderungen rechnen.”
Im
Extremfall Lungentransplantation
Auf
die besonders lungenschädigende Wirkung von Cannabis hatten kürzlich
schon neuseeländische Forscher aufmerksam gemacht. Der Rauch eines
Joints sei unter Umständen bis zu fünf Mal schädlicher als
der einer Zigarette, berichtete das Team um Richard Beasley vom Medical
Research Institute of New Zealand.
Der
Rauch von Marihuana mindert nach Erkenntnissen von Beasleys Team die Zahl
feiner Verästelungen in der Lunge. Diese sind unter anderem für
den Transport von Sauerstoff im Blut verantwortlich. Die Forscher fanden
die Lungenemphysem-Symptome allerdings auch bei Probanden, die ausschließlich
Tabak geraucht hatten.
Am
Berner Inselspital wurden die zum Teil sehr großen Blasen in den
Emphysem-Lungen der 17 Cannabis-Raucher per Schlüssellochtechnik operiert.
Die Mediziner entfernten die Blasen, so dass die Restlunge im Brustkorb
wieder mehr Platz hatte. Im Extremfall genügte aber diese Operation
nicht mehr für die Aufrechterhaltung der Atemfähigkeit. Es stelle
sich deshalb die Frage, ob einige dieser Patienten in Zukunft Kandidaten
für eine Lungen-Transplantation sein würden, erklärten die
Berner Forscher.
Bereits
seit längerem ist bekannt, dass regelmäßiger Cannabis-Konsum
zu langfristigen Veränderungen im Gehirn führen und psychische
Störungen wie etwa Schizophrenie zumindest mit auslösen kann.
In Deutschland ist der Cannabis-Konsum unter Jugendlichen rückläufig.