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Interview mit Bassie Williams, 
Sixth Revelation
31.08.2000, Traunreuth, Bayern
von Korrespondentin ID
 
 
RootZ: Erzähle mir als erstes etwas über die Geschichte der Sixth Revelation Band.

Bassie: Die Geschichte von Sixth Revelation ist lang. Es begann als wir noch in die Schule gingen, wir sind alle aus Manchester, auf Jamaika.
Bevor wir uns trafen, konnte schon jeder von uns ein Instrument spielen, so beschlossen wir nach der Schulzeit eine Band zu formieren. 

Das war noch nicht Sixth Revelation, wir hießen Salzburg Connection, obwohl wir Europa nicht kannten, wir hatten nur den Namen dorther, Salzburg Connection.
Einige Jahre später, als wir begannen in Hotels auf Jamaika zu arbeiteten, änderten wir den Namen in Sixth Revelation.

RootZ: Wann war das?

Bassie: Das war `82. Das waren ich und Papa D., Tolla, Nasha, Gabor, und ein paar andere Jungs.
 
 
RootZ: Tolla, Dasha und Du, seid Ihr Brüder, Ihr habt alle den gleichen Nachnamen (Williams)?

Bassie: Nein, nein. Tolla und Dasha sind Brüder, ich und Tolla nicht. Wir  sind mehr als Brüder, weil die Musik uns zusammengebracht hat. Aber gesetzlich, ....., ich glaube nicht. Wir sind uns sehr nahe, jeder ist Familie. Seine Familie ist meine Familie und umgekehrt. Williams ist ein üblicher Name auf Jamaika, wie Brown in England.

RootZ: Wann seid Ihr dann nach Europa gekommen?


^ Mr. Bassie auf dem Summer Jam 99

Bassie: Das erste mal nach Europa sind wir `91 gekommen, ja 1991, erst nach England. Von England sind wir nach Deutschland gekommen, um das  erste Chiemsee-Reggae zu sehen. Aber es war ein totaler Reinfall, es sollten dort nur 3 Bands sein, beim ersten Chiemsee Reggae gab es nur 3 Bands, es war ein Open Air, ganz klein, und es war total verregnet.

RootZ: So wie dieses Jahr!
 

^ Papa D auf dem Summer Jam 99
Bassie: So wie jedes Jahr! Aber damals war es schlimmer, die Leute mussten gehen.
Im selben Jahr, 1992, haben wir die Promoter getroffen, sie suchten jemanden, der
Reggae-Musik spielt . Aber wir hatten kein Equipment dabei und sie arrangierten, dass wir Equipment bekamen und veranstalteten die gleiche Show noch einmal, 3 Wochen später, und sie luden Sixth Revelation ein. Das war also unsere erste Show in Deutschland. Wir haben viele Leute beeindruckt.

RootZ: Und da habt Ihr beschlossen in Traunreut zu bleiben? Warum hier, mitten in Bayern?

Bassie: Ich weiß nicht, warum die erste Ecke, in die wir kamen Bayern war. Aber wir trafen A.M.O.K hier und sie wurden unsere Manager, das ist einer der Hauptgründe, weil unser Management hier ist.
 
 
RootZ: Und es gefällt Euch hier auf dem Land?

Bassie: Ja, es ist cool. Wir mögen es, es ist ein guter Platz zum Relaxen. Wir sind fast jedes Wochenende weg und haben Action und wenn wir zurückkommen, ist es gut einen ruhigen Ort zu haben. Letzten Sonntag zum Beispiel waren wir in Dortmund, in Waltrop, nächstes Wochenende sind wir im Osten. Es ist besser einen Ort zu haben, wo man ausspannen kann. Es ist ruhig hier.

RootZ: Erzähle mir etwas über Eure Musik, wie würdest Du Euren Musikstil beschreiben und wer oder was hat Eure Musik beeinflusst.

< Papa D auf dem Chiemsee Reggae Summer 2000

Bassie: Unsere Musik ist original Reggae Musik. Der Einfluß, dass wir diese Musik spielen, kommt daher, wo wir aufgewachsen sind. Wir waren dort als Ska aufkam, wir waren dort und Ska war Jamaika, und von Ska zu Rocksteady, das war Jamaika. Als der Reggae begann, machte jeder von uns Musik, nicht als Band, sondern jeder für sich, und wir spielten Reggae. Und ich beschloss auch Reggae zu machen. Und wir trafen viele andere Künstler, weil wir eine Menge Studiomusik für andere jamaikanische Künstler machten, manche waren bekannt, manche nicht. Du siehst, es war ganz natürlich diesen Weg zu gehen.
Zuvor in den Hotels auf Jamaika mussten wir jede Art von Musik spielen, deshalb können wir alles spielen, wir spielen Jazz, Soul, Funk, alles,  weil wir das in den Hotels mussten.
Den Reggae, den wir spielen, geht durch das ganze Spektrum an Reggae, wir machen Roots-Reggae, wir machen Dancehall-Reggae und das was dazwischen ist.
Das ist für uns original Reggae, alle Reggaearten zu verbinden und für die Leute zu spielen, so dass das Publikum eine Vorstellung bekommt, was alles Reggae ist.
Als wir nach Europa kamen, sahen wir, dass es viele Bands gibt, die sagen sie spielen Reggae, aber wenn ich es anhöre: Das ist kein Reggae! Das ist definitiv nicht  Reggae. Wir spielen den echten! 
Mr. Bassie auf dem Chiemsee Reggae Summer 2000 > 

RootZ: Und was ist die Message Eurer Musik, Eurer Texte?

Bassie: Hm, jeder Song handelt von etwas anderem. Aber im Großen und Ganzen, ich würde sagen, Frieden ist eines der Hauptdinge, die wir unterstützen wollen, und wie man diesen Frieden erlangen kann und Liebe zu den Mitmenschen, daran fehlt es hauptsächlich und das ist der Grund, warum es so viel Krieg gibt. Das wollen wir mit unserer Musik rüberbringen, überall wo wir zum Spielen hinkommen. Und wir wollen sie wissen lassen, dass Reggae eine Gefühlssache ist, Musik fürs Gefühl. Wenn Du zu Reggae tanzt, fühlst Du den Reggae zuerst und dann tanzt Du ihn. Und wir hoffen, dass wenigstens einige Leute dabei ruhiger werden und relaxen.

RootZ: Und wer schreibt Eure Songs?

Bassie:  Unsere meisten Texte schreibt Papa D. und Tolla, Tolla schreibt die DJ-Texte.

RootZ: Und wer komponiert die Lieder?

Bassie: Die Musik wird von uns allen zusammen komponiert. Wir setzen uns hin und einer hat eine Idee und dann wir sehen was das Gefühl so ergibt, es ist eine Gefühlssache.
 
 

^ Papa D 
RootZ: Du hast mir erzählt, dass Ihr vor 2 Wochen ein Konzert in Leipzig gegeben habt. Wie war die Stimmung dort? Gibt es da einen Unterschied zwischen West und Ost?

Bassie: Oohh, Leipzig! In einigen Städten im Osten gibt es keinen Unterschied, Leipzig ist eine große Stadt, da gibt es keine Unterschiede in Deutschland, nicht bei den großen. An einigen Stellen sieht man, dass z.B. die Straßen repariert werden, ja,  aber die Menschen sind die gleichen. Bei den Menschen gibt es keine Unterschiede, jeder möchte das Gleiche im Leben. Es ist dasselbe Deutschland, ich verstehe nicht, warum man da immer Unterschiede sieht. An einigen Stellen ist die Infrastruktur schlechter, nicht viel, aber man kann sehen, dass daran gearbeitet wird. Das ist alles.

RootZ: Im Moment gibt es eine Menge Diskussionen und Aktionen gegen Rassismus und Diskriminierung von Ausländern. Was denkst Du darüber?

Bassie: Einige Leute machen das notwendig, weil sie anders denken.
Siehst Du, auf Jamaika haben wir Jamaikaner. Wenn Du jemanden siehst, der weiß und nicht schwarz ist, heißt das nicht, dass er kein Jamaikaner ist. Wir haben auch weiße Jamaikaner, wir haben indische Jamaikaner, chinesische Jamaikaner, alles Leute die auf Jamaika geboren sind. Ihre Mutter ist dort geboren und ihr Vater ist dort geboren und auch der Großvater ist dort geboren, wir sind alle Jamaikaner. Deshalb ist das Motto von Jamaika auch: Von überall her, aber ein Volk. Wir kennen das nicht, jemanden wegen seiner Hautfarbe zu diskriminieren. Als wir hierher kamen waren wir überrascht wie die Leute hier denken. People is people! Wir haben die ganze Welt bereist, wir waren in Japan, aber überall sind die Menschen die gleichen, eine andere Sprache, aber die gleichen Menschen. In England, in ganz Europa, die gleichen Menschen, in Afrika, überall die gleichen Menschen.
Aber weil einige Leute radikal werden und sich bekämpfen, kommen die Diskussionen auf zwischen denen die verteidigen und denen die dagegen sind. Aber ich verstehe nicht, wie es überhaupt dazu kommt, das macht keinen Sinn.

RootZ: Habt Ihr irgendwo auf der Welt selbst Erfahrung mit Rassismus und Diskriminierung gemacht?
 

^ Papa D
Bassie: Nein. Nirgendwo. Wir machen einfach Musik und die Leute sind glücklich und tanzen und lachen. Auch nicht im Osten, in Leipzig. Wir spielen da für viele verschiede Leute bei einem Konzert, vielleicht ein Viertel dort sind Skinheads, die am weitesten rechts von allen, oder was auch immer, aber sie genießen die Musik, tanzen, trinken, sind happy und dann gehen sie wieder nach Hause.

Yah man, Skinheads beim Reggaekonzert, da ist gute Musik, ein gutes Feeling, sie kommen zum relaxen, nicht zum kämpfen, lassen die Farbigen in Ruhe, zumindest an diesem Abend, und haben Spaß und tanzen. Beim letzten Konzert war eine Gruppe, die sind 16 Kilometer zu Fuß gelaufen, um unsere Show zu sehen und Reggae zu hören. Und es hat ihnen wirklich gefallen, sie haben nicht bereut, dass sie so weit gelaufen sind.

RootZ: Was sind Eure Pläne für die nächste Zeit?

Bassie: Oh, wir haben eine Menge Konzerte. Wir sind Backing-Band für einen bekannten jamaikanischen Künstler und gehen mit ihm auf Tournee, um ihn zu unterstützen und die Musik für ihn zu machen, da sind wir ab 15. November unterwegs.
Gleichzeitig arbeiten wir auch an unserem neuen Album. Wenn wir nicht proben, arbeiten wir hier mit dem Keybord und dem Computer an den Riddims. Außerdem planen wir noch ein Video zur neuen Single zu machen. Diese Single wird wohl nicht auf dem neuen Album sein. Wir haben den Song schon oft live gespielt und die Leute mögen ihn. Damit sind wir bis mindestens Dezember beschäftigt.
Dann sind noch einige Shows in Planung, wir haben mehrere Agenturen, die uns für Shows buchen. Normalerweise haben wir im Januar/Februar nichts zu tun, aber wir werden sehen, wenn wir im Januar/Februar beschäftigt sind, fahren wir nicht nach Hause. Aber das wissen wir rechtzeitig, damit wir uns noch Winterstiefel kaufen können.

RootZ: Ich wollte in München Euer Album kaufen, habe sie aber nirgends bekommen und auch nicht bestellen können. Warum?

Bassie: Auch nicht bei WOM?

RootZ: Nein, man sagte mir, daß für das Album „Respect“ der Vertrieb gesperrt sei. Das neue Album „Dont’t Stop trying“ war nicht einmal im Computer gelistet.
Nur bei amazon habe ich beide CDs gefunden.

Bassie: Ich weiß nicht warum. Ich muss das mit dem Vertrieb abklären. Da ist einiges unklar. Es ist eine Gesellschaft aus Berlin, NovaTekk. Wir müssen vielleicht mit ihnen reden, warum sie die Aufnahmen nicht rausgeben. „Respect“ wird durch Virgin vertrieben.
Ok, ich werde rausfinden, was da los ist.

RootZ: Was denkst Du über das Internet?

Bassie: Das Internet ist, eine gute Sache, wenn Du klug damit umgehst, du musst wissen was du tust, sonst verschwendest Du viel Geld. Wir z.B. nutzen das Internet für viele Dinge. Wir haben bestimmte Musikprogramme, wenn die mit manchen PC-Komponenten nicht kompatibel sind, downloaden wir das richtige. Das ist ein guter Nutzen des Internets. Ich mag das, es ist besser als in den Laden zu gehen.

RootZ: Und Songs downloaden, was hältst Du davon?

Bassie: Das kann man machen, ja. Es nimmt den Plattenfirmen etwas von ihrem Einkommen, ihrem Geschäft. Die Plattenindustrie war zu unantastbar, es war notwendig das freier zu machen. Die großen Gesellschaften hatten das Sagen und begannen auszuwählen, ich würde fast sagen, die Musik zu stehlen, die an der Spitze sein soll. Wenn du die Charts anhörst, die Top20, egal von welchem Land, wirst du merken dass diese Musik nicht wirklich etwas Positives aussagt, die meisten Hits haben eine negative Aussage. Aber das bringt die „vibes“ zu den Leuten, music is a very powerfull thing. Ich denke deshalb ist es notwendig, dass man im Internet mit MP3 Musik kostenlos herunterladen kann, so dass die Leute überall an gute Musik herankommen. Wenn du dir das anhörst, das ist nicht die richtige Musik um einen jungen ehrlichen Menschen zu formen. Was für Musik ist das denn, nach der sie ihr Leben leben! Egal was die Leute sagen, Musik ist so mächtig, dass die Leute nach dem leben, was sie in den Songs hören und davon geprägt werden. Deshalb muss man den Kindern etwas geben, was sie als Richtschnur nehmen können. Das wäre gut, und dann wird die nächste Generation vielleicht besser. Ich hoffe es. Es sieht so aus, als würde die nächste Generation schlechter, aber es wäre schön, wenn sie besser werden würde als die unsrige, überall Frieden und weniger Sorgen.

RootZ: Tja, das war es schon. Gibt es noch etwas, was Du den Lesern von RootZ sagen möchtest?

Bassie: Den Lesern von RootZ, was könnte ich ihnen sagen, ich habe RootZ noch nie gelesen.
All die Leute, die Reggaemusik und überhaupt gute Musik, nicht nur Reggae, unterstützen, macht weiter so, wir brauchen das. Das möchte ich sagen:
Unterstützt weiterhin gute Musik!

RootZ: Vielen Dank!

Bassie: Kein Problem!


Copyright Text / Fotos: ID / Ras Schmidt / Dr. Igüz / African Dance Records / Layout: Dr. Igüz 2000