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Nightmares on Wax
20.05.1999, Köln, Stadtgarten
Es war ein wunderschöner frühsommerlicher Abend in der Metropole am Rhein, leichtbekleidete, aber umso mehr gestylte Mädels und die dazugehörigen Jungs tummelten sich im und am Stadtgarten, dem Veranstaltungsort des Konzertes, welcher im gleichnamigen alten Park liegt. Es machte dem Publikum offensichtlich nichts aus, sich zunächst auf der Wiese zu flätzen und die Zeit bis halb zehn, dem Konzertbeginn, totzuschlagen.

Wer sich draußen noch eine ordentliche Tüte Luft gegeben hatte, tat sehr gut daran, denn im Inneren des Konzertsaales war das Umwerfendste am dem Abend leider nicht der dargebotene Sound, sondern eher das Gasgemisch, welches in reinerem Zustand vielleicht als "Luft" hätte durchgehen können.

Verwundert hat mich an jenem Abend, wie viele Leute ihren Weg in den Stadtgarten gefunden hatten, denn bisher folgte ich der Annahme, daß solch ein elektronischer Sound am ehesten Couchpotatoes zusagt, die mit Sekundenkleber an das Sitzmöbel fixiert wurden . Eine angenehme Überraschung, daß Konsumenten dieser Art von Musik doch noch eine gewisse Mobilität aufbringen.

N.O.W. bestehen aus sechs Leuten, eigentlich eine klassische Rockkombo mit Erweiterung: Trommelzeug, Bass, Gitarre, Vox, Keys, erweitert durch einen DJ mit zwei Turntables. Der Bühnenset hatte einen etwas spektakulären Aufbau: auf der linken Seite der Bühne befanden sich die drums und der Bassist, die Mitte wurde von einer Sitzecke mit Stehlampe eingenommen, in der sich die Sängerin zwischen ihren Vocalparts bemühte, den hohen Jointverbrauch der Band zu befriedigen. Zur rechten Seite wurde die Bühne von Synthies, den Plattenspielern und dem Gitarristen eingerahmt.

Schade, daß der Sound sehr poppig rüberkam, nach meinem Geschmack für eine Undergroundband viel zu glatt. Nicht daß die Show schlecht war, nein, der Saal feierte jeden Ton ab, aber weg von der Norm einer Durchschnittskommerzkombo war maximal noch der extrem hohe THC-Verbrauch der Musiker. In ihrem Ganjatrip durchquerten die sechs Briten das musikalische Universum ihres letzten Albums, treffenderweise unter dem Titel "Smoker's Delight" erschienen und der aktuellen Scheibe "Carboot Soul". Durch die Show leitete der DJ George Evelyn, welcher sich zur Aufgabe gemacht hatte, dem Publikum die Messages der Band zu unterbreiten und zusätzlich noch per Vinyl die zwischenstücklichen Intermezzi einzuspielen. Die Basis der Songs wurde von dem Gespann aus Drum and Bass gebaut, der Keyboarder addierte seine bekifften Lines, der Gitarrist seine Akzente und die Sängerin Sarah Winton trällerte ihren Part ins Mikro, von dem ich bisher angenommen hatte, daß er aus Samples zusammengesetzt wäre.

Alles in allem eine gute Show mit hohem Unterhaltungswert. Allerdings haben die "Alpträume in der Plattenrille" ihren Undergroundstatus spätestens mit Carboot Soul hinter sich gelassen. Da können die auf der Bühne konsumierten Spliffs auch noch größer werden als gehabt, das wird nicht ausreichen - um wieder Kultstatus zu erlangen, dafür brauchen die Angelsachsen etwas Spektakuläreres.


Copyright: Graphiken: Warp Records / Text: Dr. Igüz 1999