RootZ Aktion – Summer Jam Retrospektive


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LORELEY



1988

Der folgende Text wurde freundlicherweise
von BenGee, dem ehemaligen Herausgebers des Reggaemagazins “Dread” zur
Verfügung gestellt. Nicht alle Passagen im Inhalt spiegeln Meinung
und Wertungsweise von RootZ wider. Nichtsdestotrotz ist nichts authentischer,
als ein Zeitdokument.

Die Photos stammen von Thomas
Budde, der bis heute Summer Jam Fan ist.

Freitag,
01.07.1988

 

„In diesem Jahr wird das
„Weltmusikfestival“ nur in St. Goarshausen stattfinden, dafür erstmals
zwei Tage! Weil das Programm um Interpreten der Funk & Soul Musik erweitert
wurde, haben wir das Festival anstatt Sunsplash Loreley Summer Jam ’88
genannt.“

So heißt es in der
Presseinformation des Mitveranstalters Sound of Future. Nach einem langen
Hin und Her steht es fest. Bunny Wailer wird nicht auf der Loreley spielen.
Auf dem Weg zur Freilichtbühne begegnet man schon unzähligen
Pilgern. 

Der Zeltplatz hat sich in
ein kleines Dorf verwandelt. Zur Hälfte ist er schon belegt. Zum ersten
Mal regnet es bei einem Reggaekonzert auf der Loreley. Mehrere Sessions
und ein sternenklarer Himmel begleiten uns durch die Nacht.

Samstag,
02.07.1988

 

 

Schon früh
drängelten sich die Ersten an den Toren. Leider wird es das ganze
Festival mal mehr und mal weniger regnen. 

 

Phase IV, Rhapsody, Kassav‘,
Sly & Robbie, Rammelzee’s Ghettovett’s, Donavan, Foundation sowie James
Brown & Band hießen die Akteure am ersten Tag. Der Einlaß
lief gerade richtig an, da hatte Phase IV ihren Auftritt schon fast hinter
sich. Das man von ihnen kaum etwas mitbekommen hat, lag nicht an der Band,
die sich redlich Mühe gab, das noch sehr müder Publikum mitzureißen. 


^ Rhapsody

Kassav‘ spielen Zouk, und
Zouk heißt Party. Sechzehn Musiker stehen für diese Musik, eine
Mischung aus afro-karibischen Rhythmen und europäischer Tanzmusik. 

Kassav



K

A

S

S

A

V

 

Etwas enttäuscht war
man über die Darbietung von Sly & Robbie. Ihr Gig wirkte insgesamt
zu plastisch, selbst hinter der Bühne konnte man Robbie Shakespear
eine gewisse Gleichgültigkeit anmerken. Der kleine Sly heiterte die
Zuschauer teilweise mehr auf. 
Sly

&

Robbie

 



James Brown
Mit den Ghettovett’s konnte
ich leider gar nichts anfangen. Als gelungen würde ich den ersten
Auftritt von Foundation und Donavan bezeichnen. Beide überraschten
uns vor kurzem mit ihren neuen Produktionen, live konnten sie den guten
Eindruck voll und ganz bestätigen. James Brown räumte wie gewohnt
ab.


Foundation

 

Sonntag,
03.07.1988

 

 

Irgendwie hatte
der erste Tag einen bitteren Nachgeschmack hinterlassen. Die Herbman Band
aus Stuttgart setzte heute den Anfang. Nachdem Rhapsody am Vortag sich
selbst übertreffen konnten, spielten heute die Herbman Band und die
in Hamburg ansässige Jamaica Papa Curvin Band erneut stark auf. Beide
zeigten uns, dass wir uns nicht zu verstecken brauchen. 

< Herbman Band

 

Eek-A-Mouse kam ohne Band
in die Bundesrepublik. Sofort sprangen die Roots Syndicate Band aus London
ein. Leider haben sie für ihren wirklich guten Act keinen Pfennig
gesehen. Aus unerfindlichen Gründen kam Xalam nicht zum Einsatz.

 


Überhaupt war die Information
nicht das Wahre. Selbst die Musiker beklagten sich nachträglich. So
durfte z.B. Papa Curvin das Backstage am ersten Tag nicht betreten. Viele
regten sich stark über den Musikertrackt auf. Sie fühlten sich
eingesperrt und isoliert.

 

Als Eek-A-Mouse
sein Debut in Germany sehr erfolgreich beendet hatte, war die Bühne
frei für den  „African Teacher“ Burning Spear. Man konnte ihn
in letzter Zeit oft genug auf unseren Bühnen sehen, aber dieses Mal
wurde man das Gefühl nicht los, dass er eigentlich doch nicht da war.
Die Augen meistens geschlossen ging er tief in sich hinein. Er war wohl
an dem Platz, den er in seinem Herzen trägt. Wenn er sich dem Publikum
zuwendete, sprang mehr als nur ein Funke über. Die musikalische Darbietung
war kaum noch zu übertreffen. Immer wieder fällt mir das weibliche
Bläsertrio aus New York auf. Für mich war es das beste Spear
Konzert, das ich hier in der Bundesrepublik gesehen habe. 

 

King Sunny
Ade & His African Beats brachten das Amphitheater zum kochen. Juju
kommt wie King Sunny aus Nigeria. Achtzehn Musiker arbeiten nach dem „call
and response“-Prinzip: die sprechenden Trommeln und der Sänger, die
elektrischen Gitarren und der Synthesizer rufen und antworten sich gegenseitig,
und die Musiker und das Publikum werden in den Bann dieser Kommunikationsform
gezogen. King Sunny Ade war ein echtes Erlebnis. 


 

Ziggy Marley
& The Melody Makers standen als letzte Band auf der Bühne. Über
Ziggy ist schon viel geschrieben worden, dabei steht er erst am Anfang
seiner Musikerlaufbahn. Er singt und spielt die Gefühle aus unseren
Herzen. Es ist eine tiefe Übereinstimmung und Reinheit, die uns mit
den Marley-Geschwistern verbindet.

 

Falls jemand keinen Respekt
besitzt, sollte er besser nichts über Ziggy Marley schreiben, denn
in seinen Augen ist kein Platz für Egoismus. Dallol heißt die
äthiopische Hausband der vier Marleys. Earl Chinna Smith und Franklyn
Bubbler Waul unterstützen die Band. Ziggy und seine Band war mehr
als ein Erlebnis. Sie beschlossen ein Festival, dessen Musiker den musikalischen
Wert voll und ganz erfüllten.

 


 

Es bleibt also immer das
alte Lied, dass ausgerechnet der Veranstalter am wenigsten mit unserer
Kultur oder Musik zu tun hat. Die Concertcooperation Bonn, ebenfalls Mitveranstalter,
ist hierfür ein gutes Beispiel. Es ist sicher keine Frage vom Einsatz,
denn die Leute haben vier bis fünf Tage voll reingehauen, jedoch sieht
man wie schwer es einem Olli Welter von CC Bonn jedesmal fällt, sich
neu zu motivieren, dann kann dabei nicht nur Gutes herauskommen. Massenhafte
Kohle lässt ein solches Festival zum Gewaltakt werden.

Eintrittskarte


Copyright Text: BenGee
/ Photos: T. Budde / Layout:  Dr. Igüz 1998 – 2001
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