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Goes Yard
Queen Bee auf Jamaika
Jamaika, land of food and
water, land of crack und tribal war, land of riddims, land of thousands
of musicians. Unsere Korrespondentin Queen Bee war im vergangenen halben
Jahr zwei Mal aufm Yard, um uns Daheimgebliebenen einen Einblick in die
jamaikanische Szene zu gewähren. Hier schon mal der erste Teil ihrer
Erlebnisse. |
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Eine Reggaeachse zwischen
Jamaika und unserem Land baut sich auf, Gentleman hat sein neues Album
„Journey to Jah“ in großen Strecken dort produziert, „We Seeed“ auf
Perry’s klassischem und in Germany hochbeliebten „Police and Thieves“ Riddim
von unseren Berliner Reggaeboyz Seeed entwickelt sich auf IRIE FM zum Dauerbrenner
und an der Universität von Kingston werden von Kollegen aus
der Printpresse Vorlesungen über „Reggae in Germany“ gehalten, wenn
auch nicht vor besonders viel Zuhörern.
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Reggae- und Dancehallstars
der neuen Generation, die vorher hierzulande nur von Konserve zu genießen
waren, kommen auf Tournee oder sind bei den großen Sommerfestivals,
wie Splash und Summer Jam zu sehen. Ob das jetzt nur dem derzeitigen Hype
von Reggae in Deutschland zu verdanken ist, oder ob sich da tatsächlich
eine transatlantische Musikachse ausprägt, bleibt abzuwarten. |
Leider geht es im Allgemeinen
auf der Zuckerinsel in der Karibik längst nicht so harmonisch ab,
wie es uns viele Songtexte vermitteln. Gewalt all over. Da ist Ninja Man,
der für seine nicht vorhandene Zimperlichkeit bekannt ist. Er klatscht
sein kleines Kind angeblich gegen eine Wand und wird dann zwecks Retaliation
von der Nachbarschaft mit Macheten bearbeitet.
Glücklicherweise haben
beide Personen – Sohn wie Vater – den Vorfall überlebt, sind mittlerweile
wieder okay und haben hoffentlich jetzt eine friedlichere Umgangsweise
miteinander gefunden und Ninja lebt seine Martial Arts jetzt musicwise
mit ebenbürtigen Gegnern – zuletzt gegen Bounty Killer und Merciless
a.k.a. Warhead – erfolgreich auf Clashes aus.
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Der Tribal War – Jamaikas
Umschreibung für den meist ultrabrutalen Wahlkampf zwischen den beiden
großen Parteien JLP (Séaga) und PNP (Patterson) – geht trotz
aller Apelle namhafter Persönlichkeiten aus der Gesellschaft weiter
und zeigt sein häßliches Gesicht: An einem Tag im Juli 2001
forderten die Auseinandersetzungen 15 Tote allein in Kingston. Ein besonders
von den Shootouts – hier allerdings weniger politischer Art – gezeichneter
Mann ist Papa San, der vor kurzem schon seinen zweiten Bruder verloren
hat und das makabererweise noch an der gleichen Stelle, wo schon der erste
von Leuten, die den San Clan ausrotten wollen, umgenietet wurde.
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Der aggressionsbetonte
Umgang mit Problemen zieht sich wie ein blutroter Faden durch die Gesellschaft
der Insel. In Kingston nehmen Taxifahrer nur noch einzelne Fahrgäste
auf, einfach aus Angst, ansonsten ausgeraubt zu werden, sobald sie mehrere
Passagiere befördern. Daß einige Viertel der Stadt gar nicht
erst angefahren werden ist schon lange bekannt.
Ein weiteres Beispiel für
den Jamaican way ist die Art der Staubewältigung:
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Auf einer Überlandstraße
haben zwei LKWs einen Klatsch gebaut und damit die Straße blockiert.
Die Fahrer wollen ihre Karossen nicht bewegen, bevor Boy Blue die Situation
gecheckt hat. Wie löst der Inselbewohner die Problematik? Er geht
hin, zieht seine Knarre, bedroht die zwei Unfallfahrer und schon ist die
Straße wieder befahrbar. Irie irie kann man da nur sagen.
Gangs beschützen
einzelne Stadtteile und wehe Du bist als Gangmember in der falschen Area,
denn jede dieser Banden hat sich eine bestimmte Region auserkoren, in der
sie ihren Kräften freien Lauf läßt. Und auch die Frauen
rüsten auf. Nachdem sich die Queens und Ladies früher noch mit
Red Stripe Flaschen gewehrt haben, sind es heute kleine Behälter,
die hochkonzentrierte Säure enthalten, um im Falle des Falles als
ätzendes Argument verspritzt zu werden. Die Typen sind konservativ
geblieben: es ist nach wie vor die alte Armierung: Knarren und Messer.
So, mit den vorigen Zeilen
ist hoffentlich auch ddem letzten Inselparadiessuchenden der Zahn gezogen
worden, dass er mit diesem Karibikeiland sein Traumdomizil gefunden hat.
Glücklicherweise gibt es jedoch nicht nur Negatives und Destruktives
über unser heißgeliebtes Island in the Sun zu berichten.
King
Barry Sound >
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Im Name Brand Studio in Sav-La-Mar
hat Queen Bee mehrere Aufnahmesessions von Major Tone, Nikky Silk und Nigger
Mikey mitmachen können. Dazu kamen Sound System Parties mit King Barry
Sound und Sweetness Sound im Ghetto von Sav-La-Mar, wo die richtigen und
positiven Yard Vibes abgehen.
Ein weiteres herausragendes
Erlebnis mit Musikern war Bounty Killer’s After Show Party in Negril, nachdem
das Konzert „When the Smoke Clears“ mit Bounty, Lexxus und Danny English
usw zu Ende gegangen war. Hier traf sich das Who is Who um den bekannten
Dancehall DJ Bounty und feierte mit Heineken, Red Stripe, Jerk und Herb
den Erfolg der voran gegangenen Show.
Queen Bee und Capleton |
Nachdem ein angefragtes
Interview mit Sizzla Kalonji leider geplatzt ist – der hyperproduktive
Bobo befand sich an den Tag überraschenderweise in den USA – disponierte
Queen Bee um und hat sich einer anderen nicht unumstrittenen Figur der
jamaikanischen Reggaeszene zugewandt: Capleton – the Prophet. Dieser Besuch
in David‘s House in Kingston Papine war dann auch der Höhepunkt ihres
Trips auf die Zuckerinsel.
Papine, am Rande des Molochs
Kingston gelegen, ist die Gegend von Bobos von denen wir im entfernten
Deutschland vielleicht die bekannteren Charaktere wie Bounty Hunter oder
Military Man schon mal wahrgenommen haben. Das besagte David’s House
ist ihre Residenz und ihr kreatives Zentrum. Hier wird sich getroffen,
diskutiewrt, Weed geraucht und Gossip ausgetauscht.
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Wie es sich für eine
African Queen gehört – Bee stammt ursprünglich aus dem derzeit
krisengeplagten Simbabwe – wurde sie an diesem Tag von einem aus zehn Bobos
bestehenden Hofstaat empfangen. Dadurch bestand die Möglichkeit zu
einem umfassenden Reasoning, bevor der Protagonist hervorkam: schüchtern
und mit einer Verbeugung begrüßte Capleton unsere Korrespondentin.
Alle bisher bei Bee existierenden Vorurteile fielen in sich zusammen: man
hört, Capleton sei aggressiv und würde mit Frauen nicht reden
wollen und Crack rauchen. Bee’s Eindruck war ein anderer: er ist charismatisch,
aber zurückhaltend und war ihr gegenüber sehr respektvoll – ein
Nachfahre der Verschleppten huldigt der African Queen.
Leider kam es
nicht zu einem ausführlichen Interview mit Mr. Capleton, denn es handelte
sich um einen Spontanbesuch und er mußte sehr bald mit einem kranken
Kid zum Doc fahren. Aber immerhin hat der Prophet vier Tunes für die
Queen gesungen und sich kurz über das Verhältnis Bobo – Babylon
mit ihr unterhalten. Und er hat ihr versprochen, das nächste Mal mehr
Zeit für die Queen aus Afrika zu haben. |
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