RootZ Media – Riddim Soundclash 2004

 



 

>>Media  

zurück zur letzten Seite Zum Inhaltsverzeichnis zur nächsten Seite



 

Riddim
Soundclash 2004


 

Erstmalig
in der deutschen Clash-Geschichte, die zugegebenerweise noch nicht sehr
alt ist, kann man einen Soundclash per Konserve gemütlich von der
heimischen Couch erleben. Keine lästigen Wege zum Veranstaltungsort,
kein Warten an der Ticketkasse oder beim Eingangscheck – ein entspanntes
Sitzen, anstelle einem in Menschenmassen eingekeilten Stehen mit des Nachbars
Füßen auf den eigenen. Bei der Länge der Veranstaltung
(4 1/2 Stunden!) ist das sicherlich kein zu unterschätzender Vorteil
gegenüber dem Event. 

Der zweite Riddim Soundclash
fand am 15.10.2004 in der Münchener Muffathalle statt und wurde für
diese Produktion mit 4 Kameras (einschließlich eines Kranes, dessen
Operator allerdings längst nicht alles aus seinem Instrument für
atemberaubende Bilderfahrten rausgeholt hat) aufgezeichnet und anschließend
digital abgemischt. Und zwar ungekürzt, so daß der Konsument
die volle Länge des Clashs auf Trommelfelle und Augäpfel gedrückt
bekommt. 

Welche Signale können
denn von besagten Sinnesorganen empfangen werden? Zum Inhalt: Gehostet
von einem souverän auf Englisch moderierenden Dr. Ring-Ding treffen
vier Sound Systems aufeinander: Ricky Trooper und Freddy Krueger (Ex-Killamandjaro),
beide aus Jamaika, One Love Hi Pawa aus Rom und Supersonic aus Berlin.
Und nach vier Spielrunden wird nur ein Sound übrigbleiben und als
Gewinner des Abends die Trophäe – einen silbernen Pokal – mit nach
Hause nehmen. Denn es ist Clashtime und kein freundschaftliches Juggling,
was die meisten von dem einen oder anderen Besuch von Sound System Parties
kennen. Und ein Clash bedeutet Krieg zwischen den Sounds, Krieg nach musikalischen
Regeln. Wer mehr über diese Regeln wissen will, muß auf der
DVD einfach nur gut zuhören, Ring-Ding erklärt alles Wissenswerte
und die 4 1/2 Stunden “musical war” sprechen für sich selbst. 

Nur soviel zur auf der DVD
gebotenen Musik: Niemand sollte einen angenehm konsumierbaren Klangteppich
erwarten, bei dem man entspannt seinen Spliff genießen kann. Vielmehr
werden die Tunes, bei denen es sich ausschließlich um Dubplates (auf
die Sound Systems zugeschnittene Spezialversionen von Songs) handelt, nur
angespielt, gewürzt mit dem fast ausschließlich “explicit lyrics”
flashenden Toasting der MCs und abgewürgt von den flink, aber manchmal
auch ungeschickt agierenden Händen der Selectas. Nur allzuoft trifft
der harte Diamant des Tonabnehmers die Rille im Vinyl in einem unvorhergesehenen,
tangentialen Winkel und erzeugt Geräusche, die eher als Lärmbelästigung
aus den Boxen der P.A. in die Ohren des Publikums dringen. Und mindestens
genauso häufig wird die Wiedergabefähigkeit von Verstärkern
und Lautsprechern – besonders bzgl. der tieferen Frequenzen von den Mannen
an den Mixerreglern völlig überschätzt, mit dem Ergebnis,
daß nur noch ein schwer verdaulicher Brei aus den Speakermembranen
wabert. 

Betrachtet man das Publikum,
das auf der DVD allerdings bildlich viel zu kurz kommt, mutiert die schwere
musikalische Kost in deren Hörorganen zu einem akkustisch-kulinarischen
Hochgenuß, da werden Lighters geflasht, Stichflammen aus Spraydosen
schießen in die Höhe, Preßlufttröten und Trillerpfeifen
laufen heiß. Es sind ja auch nur jeweils um die 15 Sekunden Zeit,
um ein Dubplate abzufeiern, da muß die Massive sich schon ranhalten.
Ich habe gerade mal hochgerechnet, musikalisch bekommen die Leute bei solch
einer schnellen Wechselfrequenz allerdings einiges geboten, an diesem Abend
werden es knapp 1000 Tunes gewesen sein – gut daß Jamaika und die
internationale Reggaeszene sehr produktiv sind, was musikalischen Nachschub
angeht. 

Für mich persönlich
ist solch ein Clash nix, weder live, noch von Konserve. Ich stehe dann
doch eher auf eine saubere “version excursion” bei einem Dance oder auf
voll ausgespielte Tunes vom Hi-Fi zu Hause. Das mit den Dubplates habe
ich auch noch nie gerallt. Wieso ist es so wichtig, von dem Künstler
nen Special zu haben und auch noch eins von dem und, nicht zu vergessen,
eins von dem. Das ist doch musikalische Onanie bzw. die überzogene
Selbstdarstellung eines Sound Systems. Ich weiß, damit kann ich den
Sound Boys nicht kommen. Mir scheint allerdings, daß wohl genau diese
Leute die Zielgruppe der Riddim Soundclash DVD sein müssen. Nur schätze
ich, daß die alle in der Muffathalle vor Ort waren und vielleicht
garnicht so sehr am Erwerb dieser Silberscheibe interessiert sind. Das
hat scheinbar auch der Produzent Piranha Digital (das Magazin Riddim erscheint
übrigens bei Piranha Media) erkannt. Jedenfalls läuft ein Trailer
für die DVD in sämtlichen Burger King Filialen der Republik,
offensichtlich auf der Suche nach neuen Abnehmern. Es bleibt die Frage:
wie groß ist die Schnittmenge von Burger- und Reggaekonsumenten?

Als Dokumentation der Veranstaltung
und für Sound System-Fanatics taugt die DVD allerdings, ich hoffe,
der Profit (sofern schwarze Zahlen erreicht werden) aus diesem Projekt
mag ausreichen, auch mal ein paar musikalisch hochwertige Regaekonzerte
auf DVD zu veröffentlichen, nach dem Motto “Riddim in Concert”.

Mail


Copyright: Doc Highgoods
2005
Zum Seitenanfang
Scroll to Top