Der
Festivalsommer 2005
RootZ.net präsentiert
Summer Jam, s.o.m.a. und Chiemsee Reggae Summer
Der Sommer hat dieses Jahr
zwar spät angefangen, aber jetzt ist es wieder so weit, die Saison
der großen Open Air Festivals hat begonnen. Mittlerweile gibt es
von diesen Freiluftvergnügen mit akkustisch-optischer Untermalung
eine dermaßen unüberschaubare Menge in unserer Krisenrepublik,
man kann sich garnicht vorstellen, daß all diese Veranstaltungen
von einem gehartzviertem Publikum erst bezahlt und dann besucht werden
sollen. Genauso wie die Musikindustrie über rückläufige
Verkaufszahlen bei Tonträgern klagt, lamentieren die Konzertveranstalter
über halb leere Veranstaltungsorte. Weiterhin belastend sind die Abführung
der Pauschalsteuern für ausländische Künstler an den maroden
Staat und speziell in der Reggaeszene die im vergangenem Herbst entstandene
Batty-Chi Chi-Homophobie-Auseinandersetzung. Einige Künstler und Veranstalter
erlebten in diesem Zusammenhang ein paar unangenehme Überraschungen,
als der LSVD (Lesben und Schwulen Verband Dt.land) mit seinem Kreuzzug
für poltische Korrektheit in diesem Staate begann.
Hinzu kommt
noch der kommerzielle Abschwung in der dt. Reggaeszene, das Post-Sean-Paul-Vakuum,
welches auch nicht von solchen Figuren, wie Daddy Yankee und ähnlichen,
“auf den Reggaetrain gesprungenen Performern” gefüllt werden
kann. Wie auch? Fette Goldketten, scharfe Mietzen, hippe Klamotten und
oberflächliche Texte entstammen schließlich ähnlich unterdruckbehafteten
Wertvorstellungen, wie denen beim Macher vom “Gimmie de Light” oder ähnlichen
Entertainern. Die Luft ist raus, nicht nur aus den Köpfen der in den
vergangenen drei Jahren raketenmäßig hochgeschossenen Newcomer,
sondern auch aus den Verkaufszahlen ihrer Produkte und damit auch aus dem
fragilen Umfeld, das sich in der Szene gebildet hat: Soundsystems klagen
über rückläufige Besucherzahlen, Hilfiger, Benni Miles,
und wie sie alle heißen, bleiben auf ihren textilen Werbeflächen
sitzen, die Riddim-Redaktion in Köln befürchtet aufgrund schrumpfender
Absätze ihres Printproduktes den Exodus ihre Mitarbeiter weg von ganjarauchgeschwängerten
Konzertsälen und Backstageräumen hin zu den routinemäßig
das Elend verwaltenden Angestellten des Arbeitsamtes.
Babylon in shambles. Aber
wenn bei all diesen Negativfaktoren das Wetter wenigstens stimmt, dann
kann das nächste Open Air kommen und uns für eine Zeit aus diesem
über der Republik liegenden Schwermut, den nicht einmal die dichtesten
Ganjaschwaden vertreiben können, entführen. Hier bieten sich
Gelegenheiten zur kollektiven Depressionsflucht, weg von den bleiernen
Fesseln des Alltagsirrsinns und herein in die bunte Welt der Multikultimusikveranstaltungen
des Festivalsommers 2005.
|
Zu den Homepages der
Festivals
kommt ihr per Mausklick
auf das Logo
|
Und davon gibt es wahrlich
genug: Afrika-Festival, Karneval der Kulturen, Weed-Festival, Rototom,
Splash…jedes Jahr wächst die Zahl der Freiluftveranstaltungen an.
Nachfolgend werden stellvertretend für die Masse der Veranstaltungen
drei Festivals bei RootZ.net vorgestellt, mit denen wir schon über
Jahre zusammenarbeiten und ein gutes Verhältnis entwickelt haben:
Summer
Jam
20 Jahre Summer Jam, 20 Jahre
Reggae, Ragga, Dub und World Music, unzählige Musikerinnen und Musiker
aus aller Welt hat uns der Veranstalter Contour Music aus Stuttgart auf
diesen Festivals präsentiert. Angefangen hat alles recht klein am
05. Juli 1986 auf der Loreley. Nachdem das Festival immer größer
wurde und es infrastrukturelle sowie logistische Probleme gab, begann die
Wanderschaft der Veranstaltung: 1994 und das zehnjärige Bestehen des
Summer Jam 1995 wurden auf einer ehemaligen Airbase in Wildenrath am Niederrhein
gefeiert und seitdem firmiert die Veranstaltung fest auf der Festivalinsel
im Fühlinger See bei Köln.
|
20 Jahre Summer
Jam, davon zehn in Kölle, traditionell war das erste Juliwochenende
reserviert für Tausende Reggaefans, die für drei Tage nach Köln
anreisten, um eine große, multikulturelle Party zu feiern. Bis an
die 30 000 Zuschauer füllten mit ihren Zelten die Ufer des Fühlinger
Sees und verwandelten das Freizeitgebiet im Kölner Norden in eine
karibische Musikoase.
2005 soll es nicht das erste
Wochenende im Juli sein, das Festival findet erst vom 08. bis 10.
Juli statt. Für sage und schreibe 74 €uro inklusive Camping und
Gebühren gibt es 72 Stunden Musik von einer Unzahl verschiedener Bands
aus diversen Genres im Angebot plus das übliche Rahmenprogramm mit
Circus Changhigh, Basar, Workshops und und und. Das Programm ist hochkarätig
und bietet neben viel Abwechslung ein paar Überraschungen, wie das
aufstrebende, blinde Sängerehepaar Amadou et Mariam aus Mali oder
das druckvollen Tokyo Ska Paradise Orchestra aus dem Fernen Osten. Daneben
werden viele der Protagonisten der hiesigen Szene präsentiert, ohne
die ein Reggaehype, wie in den letzten Jahren, überhaupt nicht möglich
gewesen wäre: Gentleman, Seeed, Patrice, Les Babacools, JAHcoustix
u.v.a.. Und musikalische Höhepunkte dürfen natürlich nicht
fehlen. Ich persönlich freue mich auf die Shows von Israel Vibration,
U-Roy und Babylon Circus.
RootZ.net gratuliert nicht
nur zum 20-jährigen Jubiläum des Summer Jam, sondern hofft, daß
es noch viele weitere dieser Veranstaltungen geben wird, auch wenn das
tatsächliche Erleben einer Reggae-Livity durch die Cannabsikontrollen
der Kölner Ordnungshüter und der Security in den vergangenen
Jahren nicht gerade erleichtert wurde. Also, lieber Summer Jam Besucher:
Obacht!
|
s.o.m.a.
Nur 14 Tage später,
vom 20. bis 22. Juli, steigt in Köln mit dem s.o.m.a.-Festival das
nächste große Open Air Ereignis. In einer wunderschönen
Location, dem Jugendpark am rechten Mülheimer Rheinufer, gelegen,
gibt es ein Festival für die Sinne mit Domblick direkt am großen
Strom.
Auch diese Veranstaltung
hat einen Umzug hinter sich. Begonnen hat alles im Jahre 1998 auf der Burg
Geretzhoven vor den Toren Kölns. 2001 kam es unter den veranstaltenden
Leuten zu Querelen, mit dem Ergebnis, daß es im Jahre 2002 gleich
zwei Festivals mit sehr ähnlichen Konzepten gab: das n.o.m.a.d., welches
auf der Wasserburg verblieb und das s.o.m.a., das sich erstmals in den
zweitürmigen Schatten des Kölner Wahrzeichens am Rheinufer begab.
Konzeptuell ist das s.o.m.a.
etwas besonderes. Es wird beim Programm weniger Wert auf große Namen,
als auf eine große Bandbreite an Music’n’Styles gelegt. Hier konnte
man schon alles hören: Elektro, Punk, Pop, Funk, Soul, Reggae, Ragga,
Ethnosounds, D’n’B – you name it – they got it. Natürlich wurden immer
wieder große Bands (Seeed, Patrice, 2Raumwohnung, King Shiloh, Zion
Train,…) dem Publikum präsentiert, aber das ist nicht alles, was
das s.o.m.a. ausmacht. Der besondere Flair des Festivals ist überall
auf dem Gelände zu erleben, es sind die unzähligten Facetten
an Aktivitäten, die von den Veranstaltern auf dem Gelände angesiedelt
werden: Graffiti, Breakdance, Baumklettern, Feuerspucken, Lightshows, Workshops
und Infostände, exotisches Essen und Trinken und natürlich die
Artists’ Stage, einer kleinen Bühne, auf der man vom Didg bis zur
singenden Säge alles erleben kann.
Das s.o.m.a. ist ein Festival,
bei dem es nicht nur etwas auf die Ohren gibt, hier werden alle Sinne angesprochen.
Und jeder dürfte in diesem reichen Angebot einiges finden, was ihn
interessiert, sei es auf einer der Bühnen, auf der Erlebnismeile oder
in einem der an das Festival angeschlossenen Clubs, hier gilt das Motto
“hingehen, gucken, hören und ausprobieren. Dieses Jahr wird mit der
Isle of MTV erstmalig eine Kooperation mit dem globalen Musiksender durchgeführt,
weiterhin wird es Hip Hop, Indie Pop und Clubsounds diverser Couleurs geben,
erwartet werden Roots Manuva, Leningrad , das LCD Soundsystem, Perch von
Zion Train und vieles mehr.
|
|
Chiemsee
Reggae Summer
Das Festival im kleinen Dorf
Übersee am bayerischen Chiemsee feierte vergangenes Jahr sein zehnjähriges
Jubiläum. Und obwohl RootZ.net schon seit fünf Jahren über
die Veranstaltung berichtet, habe ich es bisher noch nicht ein einziges
Mal geschafft, mir persönlich ein Bild zu machen und beim CRS mal
reinzuhören, die Reports sind allesamt unterschiedlichen Members der
RootZ-Crew zu verdanken.
|
Trotzdem habe
ich ein sehr enges Verhältnis zu Amok Promotion, den Machern des Festivals.
Sie waren es nämlich, die RootZ.net aus der bisher größten
Krise geholfen haben, als ich durch meine Auswanderung nach Thailand nicht
mehr genug Kohle zum Fortführen der Webseite hatte und sie bereitwillig
alle Kosten übernommen und ihren Server für Rootz.net zur Verfügung
gestellt haben. Ansonsten hatte sich derzeit von all den Kooperationspartnern
keiner für das Schicksal dieser Seiten interessiert oder es kam ein
wenig warme, verbale Luft ohne jegliche praktische Manifestationen, für
die echte Hilfe nochmals danke nach Bavaria.
Das CRS ist bekannt für
den außerordentlich professionellen Ablauf der Veranstaltung. Abgesehen
von den vergangenen zwei Jahren wurden Ausschnitte der Shows im BR ausgestrahlt,
in ganz Bayern kann man mit der Eintrittskarte die öffentlichen Verkehrsmittel
benutzen, die Pressebetreuung ist erstklassig, es gibt Platz ohne Ende
und eine wunderschöne Kulisse mit dem See und den Bergen am Horizont.
Sehr schön hat es der Veranstalter selbst im folgenden Satz zusammengefaßt:”Vom
19. bis 21. August lockt das kultigste Multi-Kulti-Festival dies- und jenseits
des Weißwurscht-Äquators wieder 25 000 Besucher aus ganz Europa
an die Gestade des bayerischen Meeres.”
Zu professionell, im Gegensatz,
ist der Einsatz der Bullerei, in Uniform oder sehr viel auch in Zivil.
Diese menschen jagen erbarmungslos allen Leuten hinterher, die nur ein
wenig nach Canabis aussehen und das überall und jederzeit, auf dem
Gelände während der Shows oder beim chillen im Zelt. Diese Belästigungen
kann man den Veranstaltern allerdings nicht ankreiden, das ist die bekannte
Politik des Freistaates und von Beckstein & Co., als Kontrast kann
man auf dem CRS dafür Söllner live erleben. Seht es einfach nur
als eine Warnung, die Versorgung Eurer Synapse sicherzustellen, indem ihr
vorsichtig seid und das Kraut gut versteckt.
Programmatisch ähneln
sich der Chiemsee Reggae Summer und das Summer Jam natürlich. Angekündigt
sind u.A. Gentleman und Patrice aus heimischen Gefielden, Julian Marley,
Jimmy Cliff, Freddie McGregor und weitere jamaikanische Stars, sowie eine
große Auswahl an weiteren Künstlern aus diversen Ecken dieses
Planeten. Und natürlich das auf solch einem Festival übliche
Rahmenprogramm mit Zeltbühne, internationaler Gastronomie und einem
vielseitigen Basar. Für 69 €uro inklusive Camping, parken und
der Anreise per Bahn innerhalb des Freistaates seid ihr beim CRS 05 dabei.
|
Abgesehen von diesen drei
hier vorgestellten Festivals geht natürlich noch eine Menge mehr ab.
Und nicht nur hier, sondern auch in den benachbarten Regionen, in Österreich,
Italien, den Niederlanden, Frankreich und Belgien. Checkt einfach aus,
was Euch am meisten gefällt und was in eurer Nähe liegt, geht
auf die Festivals und laßt Euch von den Sounds eingrooven. Genießt
die Sommerveranstaltungen, der nächste Winter kommt bestimmt.
Mail
|