Presse
Im Schatten von
St. Michael konzentrieren sich die Graffiti-Probleme
Für manche
Kunst, für andere Vandalismus
Graffiti
polarisieren überall in Köln. Aber nirgendwo zeigen sich alle
Facetten so deutlich wie am Brüsseler Platz. Klagende Anwohner, Immobilienbesitzer,
Sprayer und Geschäftemacher – alle verkehren im Schatten von Sankt
Michael.
Er
ist der entschlossenste Kämpfer gegen Farbschmierereien. Hanns
Schaefer residiert als Vorsitzender des Haus- und Grundbesitzervereins
in der Maastrichter Straße 17. Gestern traf er sich mit dem Kunsthistoriker
Johannes Stahl, der eine Promotionsschrift über Grafitti anfertigte.
Bei einer hitzigen Domforum-Debatte im Oktober wurde Schaefer zornig, als
Stahl sagte: „Viele Graffiti sind keine Schmierereien. Es gibt erhebliche
Defizite beim Hinschauen.“
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Bei
strömendem Regen marschierten die beiden gestern durchs Belgisch Viertel,
um die Wandbemalungen zu analysieren. Die gegensätzlichen Meinungen
näherten sich kaum an. Stahl: „Sprayer drücken mit den Graffiti
ihre Empfindungen aus.“ |
Schaefer:
„90 Prozent sind Schmierereien. Die Unterscheidung zwischen „mein“ und
„dein“ funktioniert bei Sprayern nicht mehr. Das ist die Crux des Ganzen.“
Schaefer gab schon 1978 eine eigene Studie in Auftrag, mit der Beschädigungen
an Kölner Fassaden dokumentiert werden sollten. Damals standen 80
Millionen Mark unter dem Strich. Heute stützt er sich auf die Zahlen
der Polizei. Die sagte, dass im Jahr 2000 mit einem dreistelligen Millionenaufwand
Verunreinigungen entfernt wurden. Die wahre, wahrscheinlich wesentlich
höhere Zahl kenne aber niemand.
Wenn
Schaefer über Graffiti diskutiert, wird niemand verschont. So wettert
er auch gegen „zu liberale Richter, die Täter ungeschoren laufen lassen.“
Den Juristen möchte er dann das Auto besprühen. Etliche Fernsehauftritte
trugen seinen Namen über die Stadtgrenze hinaus. Der Grundbesitzerverein
ist Mitglied der „Kölner Anti Spray Aktion“ (Kasa). Von deren Effizienz
ist Schaefer nicht besonders überzeugt. Er setzt seine Hoffnung auf
die Kölner Bürger: „Wer Sprayer beobachte, sollte per Handy direkt
die Polizei rufen. Doch leider ist es den meisten egal.“ Er persönlich
ist da anders. 1995 überraschte er zwei Graffiti-Aktivisten nachts
auf der Pfeilstraße. Der eine flüchtete, der andere musste Ohrfeigen
einstecken.
KStA
23/11/01
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