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Reggae in Germoney

Seit ca. zwei Jahren wächst Reggae in Germoney ohne Frage. Aber wächst unsere highssgeliebte Musik in die richtige Richtung, oder entwickelt sich hier ein kommerzielles Krebsgeschwür? Wenn ich mir einige Projekte anhöre und gewisse Entwicklungen mitbekomme, die hierzulande ablaufen, dann wird’s mir flau in Magen. Steht Reggaekultur wirklich bei einigen nur noch im Fokus des Kommerzes? Natürlich muß Geldverdienen sein, nicht jeder ist so bekloppt, wie wir von RootZ.net und legt drauf - aber ein bisschen Style und Vibes sollten dabei sein. 

Ich habe mich ja schon mehrfach zu diesem Spagat zwischen Credibility und Kommerz geäußert (Edit. 0900 Thema 0501 Edit. 0202 Edit. 0402 ) und werde Recht behalten, dass Reggae hierzulande einen kurzen Hype durchmachen wird, um 2003 dann wieder in der Versenkung zu verschwinden, wo er herkam und aus meiner Sicht auch besser hinpaßt. Denn dieser Sound ist in seinem Ursprung revolutionär, provokativ, unkonventionell, aggressiv und visionär – nicht gerade die Voraussetzungen für chartskompatible Musikprojekte. 

Wenn man dann Reggae in D betrachtet, kann mit diesem Anspruch kaum einer mithalten, gerade noch Mr. Gentleman, Ring Ding und die Jungs von Seeed – abgesehen vom Underground. Fast der gesamte Rest, der zusätzlich durch die Gegend flattert, entspricht nicht mehr seinen Wurzeln. Jetzt kann man sagen, dass es doch schon immer Jimmy Cliffs, Inner Circles, UB 40s, Big Mountains etc. gegeben hat. Stimmt! Man muß sich nur fragen, ob das Reggae ist, oder Poplala, die bei Reggae kräftig abgekupfert hat. 

Ähnliches gilt nun mal leider für die meisten Newcomer auf unserer hiesigen Szene. Was ich letztes Jahr noch geil fand, weil es etwas Neues war und wo ich Entwicklungspotential gesehen habe, lässt mich heute häufig die Horchlöffel zuklappen. 

Daß daran nicht allein die Künstler schuld sind, sondern die Abhängigkeitsverhältnisse zur Musikindustrie, ist mir klar. Die Indies, bspw. Germaican Records, haben noch ausreichend Sensibilität, um beim Drahtseilakt zwischen deep vibes und shallow commerce nicht abzustürzen. Jetzt haben einige Majors (BMG, Universal, EMI) begonnen, auch deutsche Reggaeacts zu signen und ein paar erste Produkte sind schon zu hören. Bei diesem Balanceakt kann man den A&Rs dieser Firmen nur wünschen, dass sie sich vorher einen Fallschirm umgeschnallt haben. Der Absturz ist gewiß! Einerseits wegen der falschen Perspektive (Reggae = € € €) und andererseits weil deren Produkte oftmals so flach sind, dass sie damit wahrscheinlich nix anderes erreichen werden, als den Ruf des ausführenden Künstlers zu ruinieren. 

Bei solchen Rahmenbedingungen helfen auch die neuen Seilschaften im teutonischen Reggaebizz nix. Da werden augenblicklich zwar ein paar rot-gelb-grün garnierte Sahnetörtchen hin und hergeschoben, aber Fundament hat der ganze Kram nicht. Und das Vorgehen der Beteiligten zeigt mir, dass sie die Reggaevibes entweder nicht verstanden, oder zugunsten des persönlichen Vorankommens hintenan gestellt haben. Fire pon dem hypocrites! Auch ohne hier Namen zu nennen, werden sich diejenigen, die ich meine, bestimmt angesprochen fühlen. 

Mit dem Hin- und Herschieben von Opportunitäten und Budgets, mit Arroganz und Hochglanz, mit Party On und Schere im Kopf oder auch wahlweise in der Hand des Major-A&R, bewegt ihr Euch nicht in Reggaegefielden, sondern in Babylon’s Zeitgeist, der von drei Buchstaben dominiert wird: EGO! 

RootZ.net möchte all denen in diesem Zusammenhang danken, denen hierbei nicht das Vorankommen des Ego, sondern die übergeordnete Message wichtig ist. Leute, die sich nicht anpassen, die sagen, was sie denken und das auch noch leben, die lieber weiter im Untergrund bleiben, als eine Kurzkarriere mit Unterstützung der korrupten Unterhaltungs- und Medienindustrie zu machen. Ich denke, auch hier gilt, dass die Leute wissen, wen ich meine, ohne explizit mit dem Finger auf sie zu zeigen. 

Doc Highüz 15.06.02

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